(Washington) Die jüngste Vergangenheit verzeichnete im US Außenhandelsrecht eine gravierende Zunahme von Antidumping- und Antisubventionsverfahren. So leitete die US-Regierung in den Jahren 2015 und 2016 doppelt so viele Verfahren ein wie im Jahre 2009.
Erst vor kurzem wurden Antidumping-Beschwerden gegen eine Reihe europäischer Länder eingereicht, so die deutschstämmige Rechtsanwältin Nadja Vietz von Harris & Moure in Seattle/USA, Mitglied der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. Insbesondere wurden Zölle auf die Einfuhr von unlegierten und legierten Stahlplatten (Carbon and Alloy Steel Plate) aus Österreich, Belgien, Deutschland und Italien belegt, sowie auf die Einfuhr von Stahlflanschen (Steel Flanges) aus Italien und Spanien und die Einfuhr von Gummi (Rubber) aus Polen.
Zudem ist durch ältere Antidumping- und Antisubventionsmaßnahmen, welche nach wie vor in Kraft sind, für deutsche Exporteure die Einfuhr von Messingblech und –band (brass sheet and strip), von nahtlosen Rohren (seamless pipe), Natriumnitrat (sodium nitrite) und Elektrostahl (non-oriented electrical steel) stark eingeschränkt, da mit z.T. hohen Zöllen verbunden. Exporteure aus Spanien, Belgien und Italien wurden mit Abgaben auf die Einfuhr von rostfreiem Stahl (stainless Steel), Frankreich und Italien von Messing (brass), Spanien auf die Einfuhr von Isocyanate (isocyanates), Italien von Teigwaren (pasta), Portugal von Papier (paper) und Frankreich von Uranium belegt.
Die Prüfung, ob ein Fall von Dumping vorliegt, obliegt grundsätzlich dem US-Handelsministerium. Dumping wird der Verkauf der eingeführten Ware unter Wert bezeichnet, wobei dieser sich nach dem Verkaufspreis auf dem Inlandsmarkt des Ausführers oder nach den Herstellungskosten der eingeführten Ware richtet. Antidumpingzölle werden auf die Einfuhr des jeweiligen Produktes verhängt, um unfaire und wettbewerbsverzerrende Preisgestaltungen mithilfe der Erhöhung des US-Preises auszugleichen und Wettbewerbsgleichheit für betroffene US-Hersteller zu wahren. Das US-Handelsministerium kann auch die Verhängung von Ausgleichszöllen auf durch ausländische Regierungen subventionierte eingeführte Waren vornehmen, womit deren US-Verkaufspreis angepasst und somit Nachteile für den US-Markt ausgeglichen werden.
Antidumping- und Ausgleichszölle sind des Weiteren grundsätzlich vom US-Einführer zu zahlen, welcher nach Verhängung derartiger Zölle in der Regel die Einfuhr der Ware aus dem betroffen Drittstaat aus Kostengründen einstellen wird, was wiederum für den EU-Exporteur faktisch zum Verlust des US-Marktes führt.
EU-Hersteller sind laut Vietz jedoch nicht auf eine passive Rolle beschränkt, da das US-Recht eine Reduzierung derartiger Antidumpings- und Ausgleichszölle ermöglicht, womit europäische Exporteure sich erneut Zugang zum US-Markt verschaffen können. Dem US-Recht liegt kein Strafcharakter inne sondern vielmehr ein ausgleichender Charakter und interessierte Parteien können jährlich eine sogenannte Review Investigation beantragen, welche sich nach dem Vorjahresumsatz der jeweiligen Ware richtet. Anders als im europäischen Recht liegt es nicht im Ermessen der US-Behörden, ob einem solchen Antrag auf Überprüfung stattgegeben wird. Wenn dieser form- und fristgerecht eingereicht wurde, muss vielmehr ein Überprüfungsverfahren eingeleitet werden.
Zum Beispiel wurden Antidumpingzölle auf Elektrostahl aus Deutschland im Dezember 2014 verhängt, weshalb Vietz den betroffenen deutschen Herstellern die im Dezember 2016 mögliche Überprüfung dieser Zölle empfiehlt. Wenn ein Antrag auf Überprüfung gestellt wird, findet diese basierend auf der tatsächlich getätigten Einfuhr von Elektrostahl im Zeitraum vom 1. Dezember 2015 bis 31. November 2016 statt.
Nach US-Recht ist die Verhängung derartiger Zölle retroaktiv wirksam, weshalb US-Importeure grundsätzlich für die Einfuhr von betroffenen Waren Barkautionen hinterlegen und den Differenzbetrag zuzüglich Zinsen nach Abschluss der jährlichen Überprüfung entweder ausgleichen müssen oder zurückerstattet erhalten. Folglich hat der US-Importeur ein großes Interesse an einer Senkung der Zölle innerhalb der jährlich möglichen Überprüfung, um nicht nachträglich böse Überraschungen in Form von horrenden Zollnachzahlungen zu erleben.
Das US-Handelsministerium gestattet es ausländischen Herstellern zudem, innerhalb einer Überprüfung kleinere Mengen der Ware im Rahmen eines Testverkaufs zu importieren, wenn alle anderen Aspekte des Verkaufs normal sind. „Für einen Exporteur von Chemikalien erhielten wir die Genehmigung, eine Tonne der betroffenen Chemikalie zusammen mit anderen Produkten in einem Behälter einzuführen, womit diese begrenzte Menge der Ware Gegenstand eines Testverkaufs sein konnte und letztlich zur Revidierung der verhängten Antidumpingzölle führte,“ so Vietz.
Wie kann ein europäischer Exporteur sicherstellen, dass kein Dumping vorliegt? Hierfür stehen Computerprogramme zur Verfügung, welche US-Preise sowie Preise auf dem Inlandsmarkt auswerten.
Wie erfolgreich diese jährlichen Überprüfungen sein können, zeigen vereinzelte Fälle. Laut Vietz konnten im Fall eines Exporteurs von Chemikalien die spezifisch für diesen Hersteller revidierten Dumpingzölle von über 200% auf 0% reduziert werden, während für alle übrigen Hersteller die ursprünglich verhängten Zölle weiterhin galten. Dies führte in der Praxis dazu, dass der betroffene Hersteller – welcher die Überprüfung beantragt und durchgeführt hatte – aufgrund der Entscheidung der US-Behörden über mehrere Jahrzehnte hinweg faktisch der Exklusivexporteur dieser Chemikalie in die US war.
Für europäische Hersteller kann es somit durchaus lohnenswert sein, eine Überprüfung von Antidumping- und Antisubventionsmaßnahmen einzuleiten, um bestehende Zölle zu reduzieren und sich Zugang zum US-Markt zu verschaffen.
Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:
Nadja Vietz
Attorney-at-Law/Rechtsanwältin
Harris & Moure pllc
Seattle/USA
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