(Kiel) Der 4. Senat des Bundessozialgerichts hat soeben ent¬schieden, dass ein als selbständiger Rechtsanwalt tätige und privat krankenversicherte Kläger im streitigen Zeitraum des Jahres 2009 von dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übernahme seiner Beiträge zur privaten Krankenversicherung in voller Höhe verlangen kann.
Darauf verweist der Stuttgarter Fachanwalt für Sozialrecht Klaus H. Ganzhorn, Mitglied in der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18. Januar 2011 – Az.: B 4 AS 108/10 R.
Der Kläger konnte nicht mehr wie nach der Rechtslage bis zum 31. Dezember 2008 als Bezieher von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II automatisch Mitglied der ge¬setzlichen Krankenversicherung werden, sondern musste seine private Krankenversicherung mit einer Beitragsbelastung in Höhe von 207,39 Euro aufrecht erhalten. Eine ausdrückliche Regelung dazu, wie der offene Beitragsanteil auszugleichen ist, findet sich im SGB II nicht.
Insofern besteht eine gesetzesimmanente Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvoll¬ständig¬keit der gesetzlichen Vorschriften. Den Gesetzesmaterialen zu dem GKV-Wettbewerbs-Stär¬kungs¬gesetz lassen sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber den privat krankenversi¬cherten Beziehern von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewusst und gewollt einen von ihnen finanziell nicht zu tragenden Beitragsanteil belassen wollte. Die schriftlich niedergelegten Motive enthalten Hinweise auf einen „bezahlbaren Basistarif“ und dies berücksichti¬gende Regelungen, die sicherstellten, dass „die Betroffenen finanziell nicht überfor¬dert würden“. Auch der weitere Regelungszusammenhang spricht für eine gesetzesimmanente Lücke, weil Beiträge für freiwillig krankenversicherte Leistungsempfänger in vollem Umfang und Beiträge zur privaten Kran¬kenversicherung in Fallgestaltungen ganz übernommen werden, in denen dadurch der Eintritt einer Hilfebe¬dürftigkeit nach dem SGB II vermieden werden kann.
Schließlich wäre das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum privat versicherter SGB II-Leistungsempfänger betroffen, wenn die von ihnen geschuldeten Beiträge zur privaten Krankenversi¬cherung nicht vom Träger der Grundsicherung übernommen würden. Die planwidrige Regelungslücke bei der Tragung von Beiträgen zur privaten Krankenversicherung ist hinsichtlich der offenen Bei¬tragsanteile daher durch eine analoge Anwendung der Regelung für freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Personen zu schließen. Hieraus ergibt sich eine Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme der Beiträge in voller Höhe.
Damit, so Ganzhorn, drohen dem Fiskus möglicherweise Mehrausgaben in Millionenhöhe. Bundesweit soll es rd. 6000 ähnliche Fälle geben.
Er empfahl, dies zu beachten und bei Fragen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei er in diesem Zusammenhang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de – verwies.
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Klaus Hermann Ganzhorn
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