(Kiel) Rechtzeitig zum bevorstehenden Jahreswechsel wies der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart durch die Veröffentlichung einer Entscheidung auf die mit dem Silvesterfeuerwerk verbundenen Sorgfaltspflichten hin.
Darauf verweist der Stuttgarter Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeits- und Erbrecht Michael Henn, Vizepräsident der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf das am 07.12.2010 bekannt gegebene Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart vom 9. Februar 2010 – 10 U 116/09.
Danach sind an die Voraussicht und Sorgfalt derjenigen Personen, die ein Feuerwerk veranstalten bzw. entzünden, grundsätzlich hohe Anforderungen zu stellen. Beim Abbrennen von Feuerwerkskörpern muss ein Platz gewählt werden, von dem aus fehlgehende Raketen aller Voraussicht nach keinen nennenswerten Schaden anrichten können. Allerdings haftet derjenige, der die Feuerwerksrakete gezündet hat, für den eingetretenen Schaden mangels Verschulden dann nicht, wenn an einem in der Nachbarschaft befindlichen Gebäude durch eine fehlgehende Feuerwerksrakete ein Brandschaden eintritt und die Gefahr des Eindringens des Feuerwerkskörpers in das Gebäude und eines dadurch ausgelösten Brandes bei aller Sorgfalt nicht erkennbar war.
Der Beklagte des vom Oberlandesgericht entschiedenen Rechtsstreits hatte vor dem von ihm bewohnten Haus im Alb-Donau-Kreis eine Leuchtrakete in einen Schneehaufen gesteckt und gezündet. Die Rakete stieg zunächst ca. 5 Meter gerade nach oben, schwenkte dann zur Seite und drang durch eine Spalte zwischen der mit Eternit verkleideten Außenwand und dem Blechdach in eine ca. 12 Meter entfernte Scheune, in der Stroh und Getreide gelagert waren, ein. Dort explodierte sie und setzte innerhalb kürzester Zeit das Gebäude in Brand.
Die Klägerin, ein großes deutsches Versicherungsunternehmen, machte gegen den Beklagten übergegangene Ersatzansprüche von mehr als 410.000 € geltend.
Das Oberlandesgericht, wie auch schon das Landgericht Ulm, wies diese Ansprüche zurück.
Eine Haftung des Beklagten ergab sich nicht, weil die einzig festzustellende, bei objektiver Sicht vorliegende Gefahr des Eindringens einer Feuerwerksrakete zwischen Wand und Dach der Scheune für den Beklagten nicht erkennbar war. Eine andere Gefahr beim Zünden einer Feuerwerksrakete in der Nähe der Scheune bestand nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in diesem Fall objektiv nicht. Der Brand stellte sich daher als Unglück und nicht als vom Beklagten schuldhaft verursachter Unfall dar.
Das Oberlandesgericht wies in seinem Urteil u. a. weiter darauf hin, sp Henn, dass es in der Silvesternacht und am Neujahrstag in den Städten und Gemeinden, soweit nicht ein Verbot besonders verfügt wurde, zulässig und üblich sei, nicht erlaubnispflichtige Feuerwerkskörper zu zünden. Auf diesen Brauch müsse man sich – in vernünftigen Grenzen – zum Selbstschutz einrichten. So sei zum Beispiel vom Besitzer eines Gebäudes zu erwarten, dass er in der Silvesternacht und am Abend des 1. Januars Fenster und Türen seiner Gebäude schließe, um Vorsorge vor dem Eindringen von Feuerwerkskörpern zu treffen. Personen, die ein Feuerwerk veranstalten bzw. entzünden, müssen aber andererseits einen Standort wählen, von dem aus andere Personen oder Sachen nicht ernsthaft gefährdet werden. Da niemals ein Fehlstart von Raketen völlig ausgeschlossen werden kann, muss beim Abbrennen von Feuerwerkskörpern ein Platz gewählt werden, von dem aus etwa fehlgehende Raketen aller Voraussicht nach keinen nennenswerten Schaden anrichten können.
Das Urteil des Oberlandesgerichts vom 9. Februar 2010 wurde durch Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof rechtskräftig (BGH Az. VI ZR 68/10).
Henn riet, das Urteil zu beachten und verwies bei Fragen u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de
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