(Kiel) Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat am 01.09.2010 in einem Zivilrechtsstreit, der im Nachgang zu der strafrechtlichen Aufarbeitung des „Siemens-AUB-Verfahrens“ dort anhängig ist, ein Endurteil verkündet.
Ein ehemaliger Mitarbeiter der Siemens AG wurde zur Zahlung von 3,2 Mio. Euro an seine frühere Arbeitgeberin verurteilt, die Widerklage des Mitarbeiters wurde dagegen abgewiesen. In seiner Urteilsbegründung führt das Gericht aus, dass die im Jahre 2006 von der Klägerin erbrachten Leistungen jedenfalls rechtsgrundlos erfolgt seien und deshalb von dem Beklagten zurückzuerstatten sind. Auf die Frage, inwieweit der Klageantrag zudem wegen strafbaren Verhaltens des Beklagten als Schadensersatzanspruch begründet wäre, käme es im Ergebnis nicht an.
Darauf verweist der Nürnberger Erb- und Steuerfachanwalt Dr. Norbert Gieseler, Vizepräsident der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf das Urteil des Landgerichts (LG) Nürnberg-Fürth vom 1. September 2010 – Az. 12 O 11145/08, nicht rechtskräftig.
Die Siemens AG hatte von dem ehemaligen Mitarbeiter 3,2 Millionen Euro vorrangig als Schadensersatz verlangt. Sie meinte, der Beklagte sei zur Zahlung verpflichtet, weil er sich im Zusammenhang mit Unterstützungszahlungen der Siemens AG an die „Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Betriebsangehöriger“ (AUB) des Betrugs und der Beihilfe zur Untreue schuldig gemacht habe. Die Klägerin bezog sich hierbei auch auf eine noch nicht rechtskräftige Verurteilung des Beklagten durch die 3. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 24. November 2008. Der Beklagte habe mit diesen Unterstützungszahlungen entgegen einer „Rahmenvereinbarung“ vom 22. Januar 2001 keine Ausgaben für Zwecke der AUB getätigt, sondern Sportler und Sportvereine unterstützt und private Zwecke verfolgt sowie solche von Unternehmen, an denen er selbst beteiligt war. Weiterhin fehle den Zahlungen der Klägerin an den Beklagten aber auch jeglicher Rechtsgrund, weil die Rahmenvereinbarung nichtig sei.
Der Beklagte war den Forderungen der Klägerin entgegen getreten und hatte vorab beantragt, das Verfahren bis zur noch ausstehenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs über seine strafrechtliche Verurteilung auszusetzen. Er meinte, ein vermeintlicher Anspruch der Klägerin bestehe schon deswegen nicht, weil tatsächlich mit den im Jahr 2006 erhaltenen Zahlungen die AUB – z.B. durch Sportsponsoring – gefördert worden sei. Zudem habe er über die Verwendung der Gelder schon deshalb nicht getäuscht, weil von Seiten der Klägerin nie jemand nachgefragt habe, was mit diesen Mitteln tatsächlich geschehe. Auch sei der Fa. Siemens kein Schaden entstanden: Die mit diesen Geldern bewerkstelligte Förderung der AUB sei ausweislich der Zahl der von ihr erlangten Betriebsratsmandate vielmehr überaus erfolgreich gewesen. Neben der Klageabweisung hatte der Beklagte im Wege der Widerklage von der Siemens AG die Zahlung von 391.111,11 Euro beantragt. Hierbei handele es sich um die aufgrund der Rahmenvereinbarung noch ausstehende Vergütung für den Zeitraum 1. Januar 2007 bis zu seiner Inhaftierung am 12. Februar 2007.
Die 12. Kammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth hat nun durch Endurteil vom heutigen Tage der Klage weitgehend stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung von 3,2 Mio. Euro verurteilt, so Dr. Gieseler. Die Widerklage hat sie abgewiesen.
In den Urteilsgründen legt das Gericht dar, dass es auf den Bestand der strafrechtlichen Verurteilung des Beklagten und den damit in Zusammenhang stehenden angeblichen Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht ankomme. Denn der Beklagte sei durch die Zahlungen der Klägerin jedenfalls ungerechtfertigt bereichert. Dies begründe sich daraus, dass die „Rahmenvereinbarung“ vom 22. Januar 2001 rechtlich unwirksam sei:
Der für die Siemens AG handelnde damalige Bereichsvorstand der Sparte „Automation and Drives“ habe nämlich keine Vollmacht zur alleinigen Vertretung der Klägerin gehabt. Die notwendige zweite Unterschrift sei aber nie erholt und der Vertrag auch nicht auf andere Weise nachträglich genehmigt worden. Dies habe der Beklagte gewusst. Zudem sei die „Rahmenvereinbarung“ wegen Verstoßes gegen das Betriebsverfassungsgesetz gem. § 134 BGB nichtig und auch im Sinne des § 138 BGB sittenwidrig. Immerhin sei hierdurch die Zusammensetzung des Betriebsrats und in der Folge auch des Aufsichtsrats der Siemens AG manipuliert und damit „die rechtmäßige betriebliche Ordnung der Klägerin massiv gefährdet“ worden. Weil die „Rahmenvereinbarung“ als nichtig angesehen wurde hat das Gericht auch die Widerklage, die sich auf diese Vereinbarung bezieht, abgewiesen.
Gieseler mahnte, das Urteil und einen etwaigen Fortgang zu beachten und verwies bei Fragen dazu u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de
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