(Kiel) Nach einer jetzt veröffentlichten Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen ist die sog. „Abwrackprämie“ (staatliche Umweltprämie) von einer bedarfsmindernden Anrechnung auf das Arbeitslosengeld II („Hartz IV“) ausgenommen.
Darauf verweist der Stuttgarter Fachanwalt für Sozialrecht Klaus H. Ganzhorn, Mitglied in der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf den am 23. Juli 2010 veröffentlichten Beschluss des Landessozialgerichts (LSG NRW) Nordrhein-Westfalen vom 16.06.2010, Az.: L 12 AS 807/10 B ER.
Die Umweltprämie in Höhe von 2500,- EUR fällt nach Ansicht des 12. Senats des LSG NRW unter die anrechnungsfreien so genannten privilegierten zweckbestimmten Einnahmen. Der von der Bundesregierung mit der staatlichen Umweltprämie verfolgte Zweck – Stärkung der Nachfrage und Reduzierung der Schadstoffemissionen – ist nach Ansicht der Essener Richter ein anderer als der mit der Gewährung von Grundsicherungsleistungen verfolgte Zweck der Sicherung von Unterhalt oder Eingliederung. Er würde im Falle der Anrechnung der Prämie als Einkommen bei der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II vereitelt. Darüber hinaus beeinflusse der Erhalt der staatlichen Umweltprämie die Lage eines Hilfeempfängers grundsätzlich auch nicht so günstig, dass daneben Grundsicherungsleistungen nicht gerechtfertigt wären.
Denn, so das Argument des 12. Senats des LSG NRW, die staatliche Umweltprämie stehe dem Hilfeempfänger nicht tatsächlich nach freiem Ermessen für den privaten Konsum zur Verfügung. Der Erhalt der Prämie sei an die zweckentsprechende Verwendung geknüpft und setzte zum einen den Nachweis der Anschaffung eines neuen Pkw bzw. Jahreswagens und zum anderen den Nachweis der Verwertung bzw. Verschrottung des Altfahrzeugs voraus. Die Anschaffung eines neuen Pkw habe grundsätzlich auch nicht Einsparungen sonstiger Mittel in einem Umfang zur Folge, der die Lage des Hilfeempfängers so günstig beeinflusst, dass daneben Grundsicherungsleistungen nicht gerechtfertigt wären.
Darüber hinaus stelle der mit der staatlichen Umweltprämie neu angeschaffte Pkw zwar Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II dar. Dieses sei jedoch bei der Berechnung des Hilfebedarfs, soweit es den jeweils individuell zu bestimmenden Freibetrag nicht übersteige, nicht bedarfsmindernd zu berücksichtigen.
Im Beschwerdeverfahren hatte sich eine 43-jährige alleinerziehende Mutter aus Iserlohn nach Anschaffung eines neuen Pkw im Wert von ca. 7.500,- EUR gegen eine bedarfsmindernde Anrechnung der ihr gewährten staatlichen Umweltprämie auf die ihr und ihren minderjährigen Kindern gewährten Grundsicherungsleistungen in Höhe von ca. 156,- EUR monatlich gewehrt, so Ganzhorn.
Das Sozialgericht Dortmund hatte den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes unter Bezugnahme auf eine frühere Entscheidung eines anderen – des 20. – Senats des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW, Beschlüsse vom 03.07.2009 – L 20 B 59/09 AS ER und L 20 B 66/09 AS -) abgelehnt. Der 12. Senat des Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen beurteilte die Rechtsfrage jetzt anders, hob die Entscheidung des Sozialgerichts aus der ersten Instanz auf und gab dem Antrag der Iserlohnerin nunmehr statt. Der Beschluss ist rechtskräftig.
Ganzhorn empfahl, das Urteil zu beachten und bei Fragen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei er in diesem Zusammenhang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de – verwies.
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