(Kiel) Nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 01.07.2010, 5 Sa 996/09, sind kirchliche Arbeitgeber bei einer zweiten Eheschließung eines Mitarbeiters nicht in jedem Fall zur Kündigung berechtigt.
Darauf verweist der Hamburger Rechtsanwalt und Lehrbeauftragte für Arbeitsrecht Stefan Engelhardt, Landesregionalleiter Hamburg der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel.
Der Kläger dieses Verfahrens war Chefarzt einer Klinik in kirchlicher Trägerschaft. Nach dem Arbeitsvertrag war er zur Einhaltung der katholischen Glaubens- und Sittenlehre verpflichtet.
Seit 2005 lebte der Kläger von seiner ersten Ehefrau getrennt, seit Anfang 2006 wußte sein Arbeitgeber von einem eheähnlichen Verhältnis des Klägers mit einer anderen Frau. Die erste Ehe wurde schließlich im März 2008 geschieden, ein 2009 eingeleitetes kirchliches Annullierungsverfahren ist zur Zeit noch nicht abgeschlossen. Am 30.03.2009 kündigte die Beklagte dem Kläger wegen der zweiten Eheschließung zum 30.09.2009.
Die Kündigungsschutzklage hatte sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem Landesarbeitsgericht Erfolg. Das LAG hat allerdings die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen, so Engelhardt.
Nach Meinung des LAG müssen die Arbeitsgerichte das verfassungsrechtlich verbürgte Selbstbestimmungsrecht der katholischen Kirche achten. Die erneute Eheschließung ist grundsätzlich ein Pflichtverstoß und als Kündigungsgrund geeignet. Im Kündigungsschutzverfahren sind jedoch auch die grundliegenden staatlichen Rechtssätze anzuwenden.
Zu diesen auch im kirchlichen Bereich zu beachtenden Rechtssätzen gehört der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz, der hier verletzt ist. Obwohl die Beklagte mit protestantischen und katholischen Mitarbeitern gleichlautende Arbeitsverträge abgeschlossen hatte, sanktionierte sie bei protestantischen Mitarbeitern eine zweite Eheschließung nicht mit der Kündigung. Diese Ungleichbehandlung ist nach Meinung des LAG nicht sachlich gerechtfertigt.
Im übrigen wußte die Beklagte bereits seit 2006 von dem eheähnlichem Verhältnis des Klägers und hat keine arbeitsrechtlichen Maßnahmen ergriffen, obwohl bereits dies nach dem Arbeitsvertrag einen Pflichtverstoß darstellte.
Es ist somit unverhältnismäßig, wenn ein kirchlicher Arbeitgeber bei längerer Kenntnis von der eheähnlichen Gemeinschaft im Fall der erneuten Heirat des Arztes sofort zum Mittel der Kündigung greift.
Es bleibt abzuwarten, ob sich das Bundesarbeitsgericht diese Auffassung anschließen wird.
Er empfahl, die Entscheidung und einen etwaigen Fortgang zu beachten und bei ähnlichen Fällen auf jeden Fall Rechts- und Steuerrat einzuholen und verwies in diesem Zusammenhang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de –
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Stefan Engelhardt
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