(Kiel) Der u. a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte am 29. Juni 2010 erneut über Schadensersatzansprüche von Verbrauchern im Zusammenhang mit sogenannten „Schrottimmobilien“ zu entscheiden.

Dabei hat er, so der Hamburger Rechtsanwalt Matthias W. Kroll, LL.M., Leiter des Fachausschusses „Finanzdienstleistungs- und Versicherungsrecht“ der DASV Deutschen Anwalt- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 29.06.2010 – XI ZR 104/08 – ein Berufungsurteil bestätigt, das im Zusammenhang mit einem sogenannten Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag eine arglistige Täuschung der Wohnungskäuferin über die Höhe der Vertriebsprovisionen bejaht hatte.

Von Vermittlern geworben, erwarb die Klägerin, eine damals 38 Jahre alte Krankenschwester, im Jahr 1996 zu Steuersparzwecken eine Eigentumswohnung in Hamburg. Zur Finanzierung des Kaufpreises in Höhe von 147.511 DM nahm sie bei der beklagten Bank ein tilgungsfreies Vorausdarlehen in Höhe von 178.000 DM auf, das durch zwei mit der beklagten Bausparkasse abgeschlossene Bausparverträge getilgt werden sollte. Im Zusammenhang mit dem Erwerb unterzeichnete die Klägerin einen Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag, in dem es u.a. heißt: „Ich erteile hiermit den Auftrag, mir das o.g. Objekt und die Finanzierung zu vermitteln. Der Auftrag soll durch die in Punkt 4. und 5. der nachfolgenden Aufstellung benannten Firmen zu den dort genannten Gebührensätzen ausgeführt werden.“ Ausweislich Punkt 4 der Aufstellung sollte die Finanzierungsvermittlerin eine „Finanzierungsvermittlungsgebühr“ in Höhe von 3.560 DM und ausweislich Punkt 5 die Wohnungsvermittlerin eine „Courtage“ in Höhe von 5.089 DM erhalten. Dies entspricht einer Provision von insgesamt 5,86% der Kaufpreissumme, nämlich 2,41% Finanzierungsvermittlungsgebühr für die Finanzierungsvermittlerin und 3,45% Courtage für die Wohnungsvermittlerin.

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin von den Beklagten die Rückabwicklung des kreditfinanzierten Kaufs der Eigentumswohnung; sie begehrt unter anderem die Rückzahlung geleisteter Zinsen sowie die Feststellung, dass aus den Darlehensverträgen keine Zahlungsansprüche bestehen und dass ihr die Beklagten den gesamten Schaden zu ersetzen haben. Sie stützt sich dabei insbesondere auf einen Schadensersatzanspruch wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat dem Zahlungsbegehren – unter Abzug der von der Klägerin erlangten Mietpoolausschüttungen und Steuervorteile – in Höhe von 11.616,64 € nebst Zinsen teilweise, den Feststellungsanträgen vollumfänglich stattgegeben.

Das Berufungsgericht ist nach Durchführung einer Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagten der Klägerin schadensersatzpflichtig sind, weil sie sie trotz eines insoweit bestehenden Wissensvorsprungs nicht über eine arglistige Täuschung aufgeklärt haben. Die Klägerin ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vom Vertrieb arglistig über die Höhe der an die beiden im Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag genannten Vermittlerfirmen fließenden Provisionen getäuscht worden. Durch Gestaltung und Ausfüllung des Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrags habe der Vertrieb bei der Klägerin bewusst die falsche Vorstellung erzeugt, die beiden in dem Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag genannten Vermittlerfirmen erhielten nur die dort genannten Provisionen. Dies entsprach jedoch nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht der Wahrheit. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erhielten die beiden im Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag genannten Vermittlerinnen nicht nur Vertriebsprovisionen in Höhe von insgesamt 5,86% der Kaufpreissumme, sondern tatsächlich mindestens 15%. Da die Beklagten mit dem Vertrieb in institutionalisierter Weise zusammengearbeitet hatten, hat das Berufungsgericht angenommen, dass ihnen diese arglistige Täuschung bekannt gewesen ist. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.

Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil bestätigt, betont Kroll.

Er hat insbesondere die dem Berufungsurteil zugrunde liegende Auslegung des Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrags bestätigt, nach welcher die dort im Einzelnen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen als Gesamtprovisionen zu verstehen seien, zu denen die Vermittlerinnen die Vermittlung insgesamt durchführen sollten. Diese Auslegung ist angesichts des in dem formularmäßigen Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag ausdrücklich enthaltenen Hinweises, der Auftrag solle durch die in Punkt 4. und 5. der Aufstellung benannten Vermittlungsfirmen zu den dort im Einzelnen genannten Gebührensätzen ausgeführt werden, vertretbar und der Bundesgerichtshof hat sie nun für zutreffend erklärt. Er konnte den Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag selbst auslegen, weil gleichlautende Formulare bundesweit verwendet worden sind. Auf der Grundlage dieser Auslegung ist das Berufungsgericht in rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung zu dem Ergebnis gelangt, bei der Klägerin sei mit Hilfe des Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrags bewusst die unzutreffende Vorstellung erzeugt worden, die beiden genannten Firmen erhielten für die Vermittlung der Wohnung und der Finanzierung insgesamt lediglich die im Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag ausgewiesenen Provisionen, obwohl sie – wie das Berufungsgericht aufgrund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme festgestellt hat – tatsächlich eine fast drei Mal so hohe Vermittlungsprovision erhalten sollten.

Da gleichlautende Objekt- und Finanzierungsvermittlungsaufträge bei den von den Beklagten finanzierten Erwerbsvorgängen vielfach verwendet worden sind, hat das Urteil über den Fall hinausgehende Bedeutung. Mit dem jetzigen Urteil hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass bei entsprechenden tatrichterlichen Feststellungen eine im Zusammenhang mit einem solchen Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag stehende arglistige Täuschung eines Erwerbers über die Höhe der Vertriebsprovisionen zu bejahen ist.
 
Kroll riet, dies zu beachten und in allen Zweifelsfragen Rechtsrat einzuholen, wobei er  dazu u. a. auch auf die entsprechend spezialisierten Anwälte und Anwältinnen in der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de – verwies.

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Matthias W. Kroll, LL.M.
Rechtsanwalt/Master of Insurance Law

Leiter des Fachausschusses XIV „Finanzdienstleistungs- und Versicherungsrecht“
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