(Kiel) In einem kürzlich ergangenen Urteil hat das Landgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 02.02.2012 – 3-04 O 50/10) die Deutsche Bank zur Zahlung von Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Hinblick auf Finanzderivate (Währungsoptionsgeschäfte) verurteilt.

Darauf verweist der Frankfurter Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Klaus Hünlein von der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel.

• Sachverhalt

Die Klägerin, ein Reiseunternehmen, stand mit der beklagten Bank in langjähriger Geschäftsbeziehung. Nachdem die Parteien zur Absicherung gegen steigende Dollarkurse bereits eine Reihe von strukturierten Geschäften durchgeführt hatten, kam es im Juni 2005 zum Abschluss des streitgegenständlichen Finanzderivats mit der Bezeichnung „Super Outright Sale“.

Gemäß dem Termsheet der Beklagten erwarb die Klägerin damit die Möglichkeit einer Euro-Put/USD Call-Option zu einem Strike von 1,27 US-Dollar/Euro am Ende der Laufzeit. Sollte sich danach der Wechselkurs Euro/US-Dollar bis Ende der Laufzeit innerhalb des Knock-out Level bewegen, hatte die Klägerin die Möglichkeit, am Laufzeitende einen Betrag von 1 Mio. US-Dollar zum Kurs von 1,27 Dollar zu kaufen. Diese Call-Option erlosch, falls der Wechselkurs während der Laufzeit jemals das untere oder obere Knock-out Level berühren sollte. Sollte der Wechselkurs bis zum Laufzeitende einmal an oder über dem oberen Knock-out Level gehandelt werden, hatte die Bank das Recht, einen erhöhten US-Dollar-Betrag von 1,5 Mio. US Dollar zu 1,27 US-Dollar/Euro an die Klägerin zu verkaufen.

Die Klägerin tätigte bei der Beklagten insgesamt 63 Folgegeschäfte auf der Basis des „Super Outright Sale“. Sie erlitt erhebliche Verluste, die sie von der Beklagten ersetzt haben wollte.

Das Landgericht Frankfurt/Main verurteilte die Deutsche Bank jetzt zu Schadensersatz aufgrund von Beratungsfehlern, so Hünlein.

Es stellt zunächst fest, dass zwischen den Parteien ein wirksamer Beratungsvertrag geschlossen wurde, der weder sittenwidrig noch wegen arglistiger Täuschung anfechtbar sei. Für die Anforderungen an die Beratung gelten die Grundsätze anleger- und anlagegerechter Beratung. Das Gericht sieht hier diese Grundsätze zwar nicht beim Abschluss des Vertrags, wohl aber bei der Durchführung der Folgegeschäfte verletzt.

• Im Einzelnen:

Hinsichtlich des Abschlusses des Geschäfts sei die Beratung nicht fehlerhaft gewesen. Die Bank habe grundsätzlich ein solches Finanzderivat zur Währungsabsicherung empfehlen dürfen, da die Klägerin ein Bedürfnis zur Absicherung von Wechselkursrisiken gehabt habe. Sie konnte dabei davon ausgehen, dass die Klägerin die zu dem Vertrag überlassenen Informationen verstanden habe, denn diese habe über langjährige Erfahrung im Bereich der Wechselkursabsicherung verfügt und in der Vergangenheit eine Reihe von strukturierten Geschäften abgewickelt. Die Beratung sei auch anlagegerecht gewesen, weil der der Klägerin überlassene Termsheet die wesentlichen Daten und Fakten des empfohlenen Finanzprodukts enthielten.

Im Gegensatz zu den Spread-Ladder-Swaps, die Gegenstand der bekannten BGH- Entscheidung (Urteil vom 22.03.2011 – XI ZR 33/10) waren, handele es sich nicht um ein vergleichbar kompliziertes Finanzprodukt. Bei einem Spread-Ladder-Swap gehe es um einen strukturierten und komplex definierten Austausch von Zahlungsströmen, bei dem vorliegenden „Super Outright Sale“ um den Austausch relativ einfacher Optionen auf Währungskursentwicklungen.

Der Termsheet informiere darüber, welche Rechte und Optionen die Klägerin habe. Zudem sei der Ablauf der Geschäfte hinreichend deutlich festgelegt. Auch sei die Klägerin in der Lage, ihr Verlustrisiko mittels eines Dreisatzes zu bestimmen. In der mangelnden Aufklärung über einen bei Vertragsschluss negativen Marktwert sieht das Gericht keine Pflichtverletzung, was insoweit damit begründet wird, dass der Super Outright Sale einfach strukturiert sei und für die Klägerin die eingegangenen Anlagerisiken nachvollziehbar waren.

Das Gericht hat die mangelhafte Beratung der Deutschen Bank jedoch bei der Abwicklung von Folgegeschäften gesehen, da die Beklagte die Klägerin nicht ordnungsgemäß über die mit den Folgegeschäften verbundenen Risiken aufklärte.

Die Parteien hatten auf der Grundlage des Super Outright Sale 63 weitere Abschlüsse vorgenommen, deren Umsetzung nochmals eine erheblich größere Anzahl von Geschäften nach sich zog. Die Beklagte war während der gesamten Laufzeit dieser Geschäfte Hausbank der Klägerin und in ständigem Kontakt mit der Klägerin; sie schuldete daher nach den Feststellungen des Gerichts eine fortlaufende Beratung. Die Pflichten daraus verletzte die Beklagte, weil sie insoweit ihre Aufklärungspflichten vernachlässigte.

Da sich der Wechselkurs US-Dollar zum Euro sich im Zeitraum von 2006 bis 2008 verschlechtert hatte, hatte die Klägerin die Möglichkeit, die Geschäfte glatt zu stellen, d.h. die Verluste zu begleichen und die durch die Beklagte vertragsgemäß ausgeübten USD Put- Optionen zu bedienen. Die Parteien wählten jedoch den Weg einer Umstrukturierung, wobei die in der Folgezeit abgeschlossenen Geschäfte laufend ungünstiger für die Klägerin wurden und ihr erhebliche Verluste entstanden. Das lag daran, dass stets höhere Hebel hinsichtlich der zur Ausübung gestellten Optionen ausgeübt wurden.

Da Gericht kommt in seiner Entscheidung zu dem Ergebnis, dass die Bank die Klägerin über die Gefahren, die mit der Umstrukturierung für die Klägerin verbunden waren und die damit einhergehenden Verlustrisiken hätte aufklären müssen. Aufgrund der Beweisaufnahme sei ein Aufklärungsversäumnis zugrunde zu legen, die Bank haftet daher auf Schadensersatz.

Das Gericht setzt in diesem Fall allerdings ein Mitverschulden der Klägerin in Höhe von 50 % an, weil die erworbenen Optionen in ihren marktwirtschaftlichen Auswirkungen für die Klägerin hinreichend nachvollziehbar gewesen seien, sie sich aber gleichwohl für die Fortsetzung der einmal eingeschlagenen Strategie und gegen einen möglichen Strategiewechsel unter Inkaufnahme der Auflösungskosten entschieden habe.

• Anmerkung

Finanzderivate sind sehr höchst unterschiedlich ausgestattet. Es verbietet sich daher, einfach die Grundsätze des zu Spread-Ladder-Swaps ergangenen BGH Urteils auf andere Swaps und Derivate zu übertragen. Vielmehr muss nicht nur die Beratungssituation geprüft, sondern in jedem Fall spezifisch untersucht werden, wie das Produkt ausgestaltet ist, welche Rechte und Pflichten die Vertragsparteien haben, wo insbesondere ihre Risiken liegen usw. Nur auf dieser Basis lässt sich beurteilen, ob Aufklärungs- und Beratungspflichten verletzt wurden.

Zwar bemüht sich das Urteil darum, die Unterschiede des Super Outright Sale zu den Spread-Ladder-Swaps herauszuarbeiten; es überzeugt jedoch nicht hinsichtlich der Aussage, bei den streitgegenständlichen Währungsoptionen sei über einen anfänglichen negativen Marktwert nicht aufzuklären gewesen. Diesen – und schon gar nicht seine Höhe – konnte auch ein in Absicherungsgeschäften erfahrenes Unternehmen nicht erkennen.

Rechtsanwalt Hünlein empfahl, dies zu beachten und in Zweifelsfällen um rechtlichen Rat nachzusuchen, wozu er u. a. auch auf die auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierten Anwälte/-innen in der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. – www.mittelstands-anwaelte.de – verwies.

Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:

Klaus Hünlein
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Fachanwalt für Verwaltungsrecht
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