(Kiel) Es ist noch gar nicht so lange her, da waren Sonderverkaufsveranstaltungen noch grundsätzlich verboten. Schliesslich könnten die Verbraucher ja mit derartigen Schnäppchen zu sachfremden Kaufentscheidungen bewogen werden.

Dieses Verbot , so der Frankfurter Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz Dr. Jan Felix Isele von der Kanzlei DANCKELMANN UND KERST, Vizepräsident der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, wurde zwischenzeitlich aber aufgehoben. Seither werden Sonderverkaufsveranstaltungen und dabei insbesondere „Jubiläumsverkäufe“ mittlerweile als zwar grundsätzlich zulässig angesehen. Dennoch gibt es Grenzen. Das soll im Folgenden näher dargestellt werden.

Die Grenze des Zulässigen bildet heute deshalb vor allem das Irreführungsverbot. Eine relevante Irreführung kommt dabei namentlich dann in Betracht, wenn ein Unternehmen sich älter darstellt, als es in Wirklichkeit ist. Liegt keine Irreführung vor, ist es wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn Preisherabsetzungen mit einem Firmenjubiläum begründet werden. Das bedeutet für Jubiläumsverkäufe, dass das behauptete Jubiläum tatsächlich erreicht sein muss. Seit der Abschaffung der detaillierten Regelung durch das UWG 2004 spielt es jedoch keine Rolle mehr, welches Jubiläum gefeiert wird. Deshalb kann schon das einjährige Bestehen als Anlass für einen Sonderverkauf dienen. Der Wortsinn „Jubiläum“ weist allerdings eher auf ein mehrjähriges Bestehen hin. Zur Vermeidung von Irreführungen empfiehlt es sich daher, am einjährigen Bestehen auf einen „Geburtstagsverkauf“ abzustellen.

Auch kann ein Unternehmen grundsätzlich jedes Jahr seinen Geburtstag oder das diesbezügliche Jubiläum feiern und mit entsprechenden Angeboten locken. Die „Jubiläumspreise“ dürfen dabei natürlich nicht das ganze Jahr gelten. Ansonsten wird eine Preisgünstigkeit vorgegaukelt, die tatsächlich nicht besteht. Außerdem bedeutet der Wegfall der Sondervorschrift aus dem UWG 2004 nicht, dass Sonderveranstaltungen, die ohne zeitliche Begrenzung angekündigt werden, unbeschränkt zulässig wären. Immerhin geht von derartigen Ankündigungen ein erheblicher Kaufanreiz aus, weil der Verkehr eine besondere Aktion außerhalb des üblichen Geschäftsablaufs während eines beschränkten Zeitraums annimmt. Der Charakter als zeitlich begrenzte Sonderverkaufsveranstaltung muss also gewahrt bleiben. Daher gibt es auch heute noch zeitliche Grenzen für einen Jubiläumsverkauf. Als Anhaltspunkt kann bei einem Jubiläumsverkauf dabei von vier Wochen ausgegangen werden. Es ist also möglich, jedes Jahr für vier Wochen ein „Jubiläumsverkauf“ zu veranstalten.

Eine solche Jubiläumswerbung ist jedoch nur zulässig, so Dr. Isele, soweit sie zeitnah zu dem Jubiläum stattfindet. Was noch zeitnah ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalles. Dabei ist kein kleinlicher Maßstab anzulegen. Deshalb ist nicht zu beanstanden, wenn ein in der Vorweihnachtszeit begründetes Unternehmen mit dem Jubiläumsverkauf bis zu den umsatzschwachen Anfangsmonaten des neuen Jahres wartet. Ob man das „Januarjubiläum“ aber mehr als ein halbes Jahr später, also im August feiern kann, ist jedoch fraglich.

Bei Geschäftsjubiläen kommt es für die Berechnung außerdem auf die Gründung, d. h. die Aufnahme der Geschäftstätigkeit, sowie die Kontinuität des Unternehmens an. Daher muss die wirtschaftliche Fortdauer während der behaupteten Jahre vorliegen. Das gegenwärtige Unternehmen muss trotz aller im Laufe der Zeit eingetretenen Änderungen noch mit dem früheren Unternehmen als wesensgleich angesehen werden können, damit die Werbung mit dem Jubiläum sachlich noch gerechtfertigt ist. Erforderlich ist daher grundsätzlich eine Geschäftskontinuität, während die bloße Namenskontinuität nicht ausreicht. Eine völlige Änderung des Fabrikationsprogrammes kann bei den angesprochenen Verkehrskreisen ebenfalls zu Fehlvorstellungen führen, da sie davon ausgehen werden, dass auch für diese Waren eine besondere Erfahrung und Tradition besteht. Ist die wirtschaftliche Kontinuität gegeben, so ist es unerheblich, ob Inhaberwechsel, Rechtsnachfolgen, Änderung des Firmennamens oder Rechtsformen erfolgt sind. Einschränkungen können sich im Falle der Rechtsnachfolge allerdings ergeben, wenn der Erwerber das Unternehmen auflöst.

Der Verkehr erwartet schliesslich, dass die einzelnen Filialen eines Unternehmens aus der Tradition des Stammhauses erwachsen sind und es sich deshalb um ein organisatorisch entwickeltes Gesamtunternehmen handelt. Deshalb hat der Bundesgerichtshof beispielsweise entschieden, dass ein Juwelier– und Uhrmacherunternehmen nicht mit dem Alter des Stammhauses eine nachträglich übernommene Filialkette bewerben darf, ohne darauf hinzuweisen, dass es sich diese erst mehr als 100 Jahre nach der Unternehmensgründung eingegliedert hat. Hiernach können die Filialen also ebenfalls an der Jubiläumsaktion teilnehmen. Allerdings muss dann darauf hingewiesen werden, dass das „Jubiläum“ selbst bloß das Stammhaus betrifft.

Ist die Jubiläumsaktion unzulässig, kann der Werbende auf Unterlassung, auf Auskunft über deren Umfang und auch auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Auch nach Aufhebung des Verbots der Sonderveranstaltungen ist deshalb äußerste Vorsicht geboten. Dem Irrglauben, dass jegliche Jubiläumsaktionen zulässig seien, sollte man sich daher gar nicht erst hingeben, sondern die Aktion und deren Bewerbung zur Prüfung einem Experten überlassen, der über die entsprechenden Erfahrungen und Kenntnisse der einschlägigen Rechtsprechung verfügt. Dies wird im Ergebnis oftmals „billiger“ kommen, als wenn die begonnene Jubiläumsaktion untersagt wird und eingestellt werden muss.

Rechtsanwalt Dr. Isele empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfragen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei er in diesem Zusammenhang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de – verwies.

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