(Kiel) Der Bundesgerichtshof hat sich soeben eine Entscheidung zu der Wirksamkeit von Klauseln in Stromlieferungsverträgen getroffen.
Darauf verweist der Kieler Rechtsanwalt Jens Klarmann, Landesregionalleiter „Schleswig-Holstein“ der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 18.07.2012 zu seinem Urteil vom gleichen Tage, Az. VIII ZR 337/11.
Der Kläger, ein Verbraucherschutz-Dachverband, verlangt von der Beklagten, einem Energieversorgungsunternehmen, es zu unterlassen, bestimmte Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für Stromversorgungsverträge mit Endverbrauchern zu verwenden. Er hält die nachfolgend fett gedruckten Bestimmungen für unwirksam.
„3.1
Der Stromlieferungsvertrag kommt zustande, sobald [die Beklagte] Ihnen dies bestätigt und den Beginn der Belieferung mitteilt, spätestens mit Aufnahme der Belieferung durch [die Beklagte]. Voraussetzung für das Zustandekommen des Stromlieferungsvertrags und den Beginn der Belieferung ist, dass [die Beklagte] die Bestätigung der Kündigung des bisherigen Stromlieferungsvertrags von Ihrem Vorlieferanten sowie die Bestätigung des Netznutzungsbeginns des Netzbetreibers vorliegen hat.
3.2
Bei Beauftragung bis zum 20. eines Monats erfolgt der Lieferbeginn in der Regel am 1. des übernächsten Monats, soweit die verbindlichen Regelungen zum Lieferantenwechsel dies zulassen. Sollte Ihr bisheriger Stromlieferungsvertrag eine längere Kündigungsfrist beinhalten, aufgrund derer die Aufnahme des Lieferungsbeginns durch [die Beklagte] im vorgenannten Zeitraum nicht möglich ist, wird Ihr Stromlieferungsvertrag mit [der Beklagten] sowie der Belieferungsbeginn zu dem auf die Beendigung Ihres bisherigen Stromlieferungsvertrags folgenden Tag wirksam.
5.2
Werden die Einrichtungen von Ihnen trotz Aufforderung durch [die Beklagte] nicht abgelesen, kann [die Beklagte] auf Ihre Kosten die Ablesung selbst vornehmen, einen Dritten mit der Ablesung beauftragen, den Verbrauch schätzen oder für Zwecke der Abrechnung die Ablesedaten verwenden, die [die Beklagte] vom Netzbetreiber oder von dem die Messung durchführenden Dritten erhalten hat. Zu diesem Zweck müssen Sie [der Beklagten] oder dem Beauftragten den Zutritt zu Ihren Räumen gestatten.
6.4
Fordert [die Beklagte] Sie bei Zahlungsverzug erneut zur Zahlung auf oder lässt den Betrag durch einen Beauftragten einziehen, kann [die Beklagte] Ihnen die dadurch entstehenden Kosten pauschal berechnen. Die Höhe der Pauschale richtet sich nach den ergänzenden Bedingungen.
9.2
Bei fahrlässig verursachten Sach- und Vermögensschäden haften [die Beklagte] und [ihre] Erfüllungsgehilfen nur bei der Verletzung einer wesentlichen Vertragspflicht, jedoch der Höhe nach beschränkt auf die bei Vertragsschluss vorhersehbaren und vertragstypischen Schäden; wesentliche Vertragspflichten sind solche, deren Erfüllung den Vertrag prägt und auf die der Kunde vertrauen darf.“
Darüber hinaus hält der Kläger auch die folgende Klausel in dem von der Beklagten verwendeten Auftragsformular zur Stromlieferung für unwirksam:
„Ich bin einverstanden, dass mich [die Beklagte] auch telefonisch zu [ihren] Produkten und Dienstleistungen sowie weiteren Angeboten, die im Zusammenhang mit Energie (Strom, Gas) stehen, informieren und beraten kann.“
Das Landgericht hat der Unterlassungsklage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hatte hinsichtlich der Klausel in Ziffer 3.1 zum Zustandekommen des Vertrages und der Schadensersatzklausel in Ziffer 9.2 Erfolg. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass diese Klauseln wirksam sind, so Klarmann.
Die Klausel in Ziffer 3.1 Satz 1 verstößt nicht gegen § 308 Nr. 1 BGB. Soweit sie bestimmt, dass der Stromlieferungsvertrag zustande kommt, sobald die Beklagte das Zustandekommen des Vertrages bestätigt und den Beginn der Belieferung mitteilt, ergibt die gebotene Zusammenschau mit den in den Ziffern 3.1 und 3.2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen getroffenen weiteren Regelungen, dass die Klausel nur konkretisiert, zu welchem Zeitpunkt der Kunde gemäß § 147 Abs. 2 BGB* den Eingang einer Vertragsannahme der Beklagten unter regelmäßigen Umständen erwarten darf. Soweit in der Klausel außerdem bestimmt ist, dass der Vertrag spätestens mit Aufnahme der Belieferung durch die Beklagte zustande kommt, ist darin nur ein Hinweis auf die bei Versorgungsverträgen bestehenden Gepflogenheiten des Vertragsschlusses zu sehen, wie sie in § 2 Abs. 2 StromGVV, § 2 Abs. 2 GasGVV, § 2 Abs. 2 AVBFernwärmeV und § 2 Abs. 2 AVBWasserV zum Ausdruck kommen.
Auch die in Ziffer 9.2 geregelte Haftungsbeschränkung „auf die bei Vertragsschluss vorhersehbaren und vertragstypischen Schäden“ ist wirksam. Sie beachtet die sich aus dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ergebenden Anforderungen hinreichend. Bei der Vorhersehbarkeit handelt es sich um einen – gerade auch im Zusammenhang mit Schadensereignissen verwendeten – allgemein gebräuchlichen Begriff. Auch der Begriff des vertragstypischen Schadens ist für einen durchschnittlichen Vertragspartner hinreichend verständlich.
Die übrigen Klauseln hat das Berufungsgericht zu Recht für unwirksam angesehen. Die Klausel in Ziffer 5.2 zum Zutrittsrecht der Beklagten kann ein durchschnittlicher Vertragspartner so verstehen, dass sie der Beklagten auch dann ein Zutrittsrecht zu den Räumen des Kunden gewährt, wenn dieser zuvor nicht benachrichtigt worden ist. Darin liegt eine unangemessene Benachteiligung des Kunden gemäß § 307 Abs. 1 BGB.
Auch die Klausel in Ziffer 6.4, wonach die Beklagte bei Zahlungsverzug des Kunden bestimmte ihr entstehende Kosten pauschal berechnen kann, ist unwirksam. Sie erweckt den Eindruck, dass die der Beklagten im Verzugsfall zustehende Pauschale in das nicht näher konkretisierte Ermessen der Beklagten gestellt ist, und verstößt damit gegen § 309 Nr. 5 BGB.
Die von der Beklagten vorformulierte Einwilligung zum Erhalt von Telefonwerbung ist wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. Eine solche Erklärung muss hinreichend konkret sein, damit der Kunde erkennen kann, auf welche Werbeinhalte sich die Einwilligung bezieht und wer durch die Einwilligungserklärung zur Werbung ermächtigt wird. Diese Anforderungen erfüllt die vorliegende Klausel nicht, da der Kunde der Klausel nicht entnehmen kann, ob die Beklagte nur Werbung für ihre Produkte und Dienstleistungen machen oder auch Werbeanrufe für Angebote von Drittunternehmen tätigen darf.
Klarmann empfahl daher, dies zu beachten und bei Fragen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei er in diesem Zusammenhang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de – verwies.
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