(Kiel) Das Oberlandesgerichts Stuttgart hat in einer soeben veröffentlichten Entscheidung ein deutsches Kreditinstitut verurteilt, an einen Bankkunden Schadensersatz in Höhe von über 1,5 Millionen Euro zu zahlen.
Darauf verweist der Hamburger Rechtsanwalt Matthias W. Kroll, LL.M., Leiter des Fachausschusses „Finanzdienstleistungs- und Versicherungsrecht“ der DASV Deutschen Anwalt- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf das am 03.03.2010 veröffentlichte Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart vom 26.02.2010, Az.: 9 U 164/08.
Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Bank hatte ihrem Kunden, einem großen mittelständischen Unternehmen, zwei Zinsswap-Verträge zum Zwecke der „Zinsoptimierung“ angeboten und empfohlen. Bei einem Zinsswap vereinbaren die Parteien den Austausch von Zahlungsströmen. Die Bank verpflichtete sich, an den Kunden für die Dauer von 5 Jahren Zinsen in Höhe eines festen Zinssatzes aus einem fiktiven Betrag (hier 5 Millionen Euro) zu zahlen. Der Kunde verpflichtete sich im Gegenzug, einen nach einer komplizierten Rechenformel und in Abhängigkeit zu der Kursentwicklung von Interbankenzinssätzen zu berechnenden Zinssatz an die Bank zu zahlen. Dabei gewinnt die Seite, die während der Laufzeit des Vertrages an die andere Seite weniger gezahlt hat. Dem Kunden ist ein Schaden in Höhe von über 1,5 Millionen Euro entstanden.
In der Vorinstanz hat das Landgericht Stuttgart der Klage des Kunden (Klägerin) unter Berücksichtigung eines 50prozentigen Mitverschuldens stattgegeben. Nur die Berufung der Klägerin hatte Erfolg.
Das Oberlandesgericht verneinte nun ein Mitverschulden des Kunden, betont Kroll, und beurteilt den Sachverhalt so:
Die Bank habe ihrem Kunden verschwiegen, dass die Gewinn- und Verlustchancen von Swap-Verträgen nur auf der Grundlage von in der Finanzwirtschaft vorgeschriebenen Wahrscheinlichkeitsberechnungen mit Risikomodellen beurteilt werden können. Sie habe dem Kunden daher nicht den falschen Eindruck vermitteln dürfen, er könne die Erfolgsaussichten der angebotenen Verträge auf der Grundlage seiner „Zinsmeinung“ über die voraussichtliche Entwicklung der Interbankensätze abschätzen. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts handelt es sich bei dem Swap-Vertrag um eine Art von Glücksspiel, das der Kunde mit seiner pauschalen Zinsmeinung gegen die Bank mit ihren hoch entwickelten Rechenmodellen spiele. Dies sei dem Kunden nicht bewusst.
Weiter beanstandet das Oberlandesgericht, dass die Bank selbst die Zinsswap-Verträge mit Hilfe ihrer Risikomodelle so konstruiert habe, dass der Kunde wahrscheinlich einen Verlust erleiden werde. Die Bank sei als Beraterin verpflichtet, die Interessen ihrer Kunden zu wahren. Ihr sei bekannt, dass ihre Kunden Gewinne erzielen wollen. Sie dürfe daher kein Geschäft zur „Zinsoptimierung“ anbieten oder gar empfehlen, wenn sie einen Verlust des Kunden für wahrscheinlich halte. Schließlich beanstandete das Oberlandesgericht inhaltlich fehlerhafte Informationsunterlagen der Bank. Unter diesen Umständen sei für ein Mitverschulden des Kunden kein Platz.
Die Revision für die Bank wurde nicht zugelassen.
Kroll riet, das Urteil zu beachten und in allen Zweifelsfragen Rechtsrat einzuholen, wobei er dazu u. a. auch auf die entsprechend spezialisierten Anwälte und Anwältinnen in der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de – verwies.
Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:
Matthias W. Kroll, LL.M.
Rechtsanwalt/Master of Insurance Law
Leiter des Fachausschusses XIV „Finanzdienstleistungs- und Versicherungsrecht“
der DASV Deutschen Anwalt- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V.
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