(Kiel) Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat entschieden, dass ein Presse-Grossist eine Weiterbelieferung mit Presse-Produkten der Bauer Media Group nicht verlangen kann.
Darauf verweist die Hamburger Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht Karin Scheel-Pötzl von der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf das am 01.02.2010 veröffentlichte Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) vom 28. Januar 2010, Az.: 16 U 55/09.
Die Klägerin ist einer von insgesamt 73 sogenannten Presse-Grossisten in der Bundesrepublik, die den Einzelhandel in Deutschland mit Presseprodukten beliefert. Die Presse-Grossisten besitzen ein Alleinauslieferungsrecht, also ein Monopol, in dem ihnen zugewiesenen Gebiet. Bei der Beklagten handelt es sich um die Vertriebsgesellschaft der Bauer Media Group. Die Beklagte kündigte den Grosso-Vertrag mit der Klägerin zum Ende des Monats Februar 2009 und beauftragte ein anderes Unternehmen mit dem Vertrieb der Produkte der Bauer Media Group im Bereich der Klägerin.
Die dagegen von der Klägerin vor dem Landgericht Kiel erhobene Klage auf Fortsetzung der Geschäftsbeziehung hatte Erfolg. Durch Urteil vom 21. August 2009 (Az. 14 O 3/09) hat das Landgericht die Kündigung des Presse-Grosso-Vertrages wegen Verstoßes gegen § 20 GWB für unwirksam erklärt und die Beklagte zur Weiterbelieferung der Klägerin mit Presse-Erzeugnissen der Bauer Media Group verurteilt.
Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte Berufung eingelegt mit dem Ergebnis, dass das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts Kiel geändert und die Klage abgewiesen worden ist, betont Scheel-Pötzl.
Der Kartellsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts hält die Beklagte nach allgemeinem Vertragsrecht für berechtigt, den Grosso-Vertrag mit der Klägerin ohne Vorliegen besonderer Kündigungsgründe mit einer Frist von sechs Monaten zum Schluss eines Kalendermonats zu kündigen. Auch kartellrechtliche – wettbewerbsrechtliche – Gesichtspunkte stünden der Wirksamkeit der Kündigung nicht entgegen. Zum einen liege schon im Ansatz keine kartellrechtlich kritische Situation vor, wenn dadurch, dass im räumlichen Bereich der Klägerin nunmehr für die Produkte der Bauer Media Group eine anderes Vertriebsunternehmen tätig werde, ein gewisser potentieller Wettbewerb erstmals eröffnet werde. Dieser Vorgang habe mit der vom Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) zu verhindernden Beeinträchtigung wettbewerblicher Betätigungsmöglichkeiten nichts zu tun. Zum anderen sei auch die von § 20 GWB geforderte unbillige Behinderung oder ungerechtfertigt unterschiedliche Behandlung der Klägerin durch die Beklagte als Nachfragerin der Vertriebsleistung nicht zu erkennen. Zwar werde die Klägerin in ihrem Fortkommen in gewisser Weise behindert, wenn ihr die Umsätze, die sie mit den Produkten der Bauer Media Group bislang getätigt habe, wegfallen würden. Diese Kündigungsfolge sei aber nicht als wettbewerblich unbillig anzusehen. Unter dem im Rahmen des GWB allein maßgeblichen wettbewerblichen Aspekt könne es nicht zu beanstanden sein, wenn in dem bisherigen Monopolgebiet der Wettbewerb zweier Vertriebsorganisationen um die Verlage angestoßen werde. Es gehe im Ergebnis um die vom maßgeblichen Standpunkt der Wettbewerbsfreiheit unkritische Auswechslung eines Vertriebspartners durch einen anderen.
Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen
Scheel-Pötzl empfahl, das Urteil zu beachten und bei ähnlichen Fällen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen und verwies in diesem Zusammenhang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de –
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