(Kiel)  Eine Gemeinde darf die Erschließung von Baugebieten auf eine von ihr beherrschte Gesellschaft übertragen.

Dies, so der Recklinghäuser Fachanwalt für Verwaltungsrecht sowie für Bau- und Architektenrecht Eduard Dischke von der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH)  in einem  am 17.11.2009 veröffentlichten Urteil vom 23.10.200, Az. 2 S 424/08, entschieden und damit die Berufung von Hauseigentümern (Kläger), die mit Erschließungskosten belastet worden waren, gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart zurückgewiesen.
 
Die Stadt Bietigheim-Bissingen hatte, einer langjährigen Praxis folgend, die Erschließung eines Baugebiets vertraglich der Bietigheimer Wohnbau GmbH übertragen, die sich zu 100 % in städtischem Besitz befindet. Als Eigentümerin von Grundstücken im Baugebiet hatte sich die Stadt im Vertrag verpflichtet, der Wohnbaugesellschaft die bei der Erschließung anfallenden Kosten anteilig zu erstatten. Die Kläger, die ein Hausgrundstück in diesem Baugebiet von der Stadt erworben hatten, übernahmen im Kaufvertrag diese Verpflichtung. Mit ihrer Klage forderten sie von der beklagten Wohnbaugesellschaft die Rückzahlung von Abschlagszahlungen, die sie auf die Erschließungskosten geleistet hatten.
Der VGH Baden-Württemberg hat einen Rückzahlungsanspruch verneint und die vertraglichen Regelungen bestätigt, betont Dischke.
 
Die Stadt könne mit einem von ihr beherrschten Unternehmen einen Erschließungsvertrag abschließen. Mit einem solchen Vertrag solle den Gemeinden die Möglichkeit eröffnet werden, auch bei angespannter Haushaltslage neue Baugebiete zu erschließen, ohne selbst die Vorfinanzierung sicherstellen zu müssen. Des Weiteren könnten die Gemeinden die mit der Erschließung neuer Baugebiete verbundenen Kosten reduzieren, weil Gegenstand eines Erschließungsvertrags auch nicht beitragsfähige Erschließungsanlagen sein könnten und die ansonsten zwingende Kostenbeteiligung in Höhe von 10% des Erschließungsaufwands entfalle. Die damit bezweckte Vergrößerung des Angebots an baureifen Grundstücken durch eine aktive Baulandpolitik könne in gleicher Weise durch die Beauftragung einer kommunalen Eigen- oder Mehrheitsgesellschaft wie auch eines anderen (privaten) Dritten erreicht werden. Ein rechtlich relevantes Kontrolldefizit bestehe in dieser Situation nicht. Ein kommunal beherrschtes Unternehmen unterliege der Kontrolle durch die Gemeindeorgane, sodass die Gemeinde weiterhin ihrer Verantwortung für die Erschließung gerecht werden könne. Die Gemeinde habe auch ein beachtliches Eigeninteresse an der fachgerechten und mangelfreien Errichtung der Erschließungsanlagen, die nach Herstellung in ihr Eigentum übergingen. Als Eigentümerin der Baugrundstücke sei die Gemeinde wegen der besseren Vermarktbarkeit auch daran interessiert, dass die Erschließungskosten nicht überhöht seien. Von einer Umgehung der gesetzlichen Vorschriften über die Erschließung in gemeindlicher Eigenregie könne angesichts der vom Gesetz eingeräumten Wahlmöglichkeiten nicht die Rede sein.
 
Die geltend gemachten Erschließungskosten seien der Höhe nach angemessen. Insbesondere sei es zulässig, die Kosten der Erschließung des gesamten Bebauungsplangebiets allein auf die Grundstückseigentümer im Neubaugebiet zu verteilen und die bei Abschluss des Erschließungsvertrags bereits bebauten Grundstücke nicht heranzuziehen. Die Kostenbelastung der Eigentümer sei im Verhältnis zum Wertzuwachs, den ihre Grundstücke durch die Erschließung erfahren hätten, nicht unangemessen.
 
Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Dischke mahnte, den Urteil zu beachten und verwies  bei Fragen dazu u. a. auch auf die auf Bau- und Architekten- und Vergaberecht sowie Verwaltungsrecht spezialisierten Anwälte und Anwältinnen in der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de

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