(Kiel) Der für das Versicherungsrecht zuständige 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat, hier im Falle einer Jagdhaftpflichtversicherung, erneut bestätigt, dass bei arglistiger Täuschung des Haftpflichtversicherers über den Schadenshergang kein Versicherungsschutz besteht.
Darauf verweist der Hamburger Rechtsanwalt Matthias W. Kroll, LL.M., Leiter des Fachausschusses „Finanzdienstleistungs- und Versicherungsrecht“ der DASV Deutschen Anwalt- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe vom 26.06.2013 zu seinem Urteil vom 6. Juni 2013 – 12 U 204/12.
Der Kläger meldete seinem Haftpflichtversicherer einen Schadensvorfall und behauptete, so auch noch in seiner Klage auf Deckungsschutz, dass Frau S durch seine nicht geprüften Jagdhunde geschädigt worden sei. Nach Beendigung einer Gesellschaftsjagd habe er seine Hunde an der Leine geführt, Frau S sei als Treiberin an der Jagd beteiligt gewesen. Die beiden Hunde seien plötzlich wegen eines Rehs losgejagt, mit der Leine hätten sie Frau S umgerissen, diese habe u.a. einen Meniskus- und einen Bänderabriss erlitten und habe mehrmals operiert werden müssen. Sie verlange deshalb Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 €. Bei seiner Anhörung vor dem Landgericht hat der Kläger allerdings eingeräumt, dass der Unfall anders verlaufen sei, er habe seine Hunde nicht an der Leine geführt, sondern beide schon morgens vor der Jagd an Frau S übergeben, er sei erst nach dem Unfall hinzugekommen.
Das Landgericht hat seiner Klage auf Deckungsschutz stattgegeben, die vorsätzliche Obliegenheitsverletzung habe keinen nachteiligen Einfluss auf die Belange des Versicherers gehabt. Die dagegen gerichtete Berufung des Haftpflichtversicherers hatte Erfolg, der Senat hat die Klage abgewiesen, so betont Kroll.
Der Versicherer ist von seiner Leistungspflicht frei geworden, weil der Kläger seine Obliegenheit zur Abgabe wahrheitsgemäßer Schadensberichte vorsätzlich und arglistig verletzt hat. Die Versicherung hat zwar bisher nur eine Akontozahlung von 1.000,00 Euro erbracht, so dass eine folgenlose Obliegenheitsverletzung vorliegen könnte. Bei einer folgenlosen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers kann sich der Versicherer dennoch dann auf Leistungsfreiheit berufen, wenn die Obliegenheitsverletzung generell geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden und dem Versicherungsnehmer ein erhebliches Verschulden zur Last fiel. Das ist hier der Fall. Das Verhalten des Klägers war generell geeignet, die Interessen der beklagten Versicherung ernsthaft zu beeinträchtigen. Die beiden Geschehensvarianten sind nämlich haftungsrechtlich unterschiedlich zu bewerten. Nach der ersten Variante, bei der der Kläger die Tiere an der Leine geführt haben wollte, ist ohne Weiteres von einer Tierhalterhaftung des Klägers auszugehen, ein Mitverschulden liegt eher fern. Bei der zuletzt vom Kläger eingeräumten Variante kommt aber ernsthaft in Betracht, dass die Geschädigte Tieraufseherin im Sinne von § 834 Satz 1 BGB war. Ist der Aufseher selbst der Verletzte, haftet der Tierhalter zwar auch, doch wird ein Mitverschulden des Tieraufsehers vermutet.
Ob der Versicherer den Kläger vorher deutlich über den Anspruchsverlust belehrt hat, der ihm bei vorsätzlich falschen Angaben droht, kann hier offen bleiben, denn auch ohne Belehrung wird der Versicherer leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer seine Aufklärungspflicht arglistig verletzt hat und deshalb den mit der Belehrungspflicht bezweckten Schutz nicht verdient. Der Kläger hat hier arglistig gehandelt. Eine arglistige Täuschung setzt eine Vorspiegelung falscher oder ein Verschweigen wahrer Tatsachen gegenüber dem Versicherer zum Zwecke der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums voraus. Der Versicherungsnehmer muss vorsätzlich handeln, indem er bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers einwirkt. Eine Bereicherungsabsicht ist nicht erforderlich. Es reicht, dass der Versicherungsnehmer einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt und es für möglich hält, dass das eigene Verhalten die Entscheidung des Versicherers beeinflusst.
Hier hat der Kläger erklärt, dass er seinem Versicherungsmakler den Unfall richtig geschildert habe. Dieser habe jedoch erklärt, dass man das so nicht schreiben könne, letztlich habe er die vom Versicherungsmakler formulierte und geschriebene Schadensanzeige mit der falschen Darstellung des Hergangs unterzeichnet. Damit hat der Kläger nicht nur gewusst, dass der mit seiner Unterschrift bestätigte Geschehensablauf in seiner Schadensanzeige nicht zutreffend war, sondern er wollte mit der unzutreffenden Schilderung des Schadenshergangs eine Leistung der Beklagten erlangen, obwohl er annahm, dass er sie bei wahrheitsgemäßer Darstellung nicht oder so nicht erwarten konnte. Dabei entlastet es den Kläger nicht, dass er den Rat seines Versicherungsmaklers befolgt hat. Das mag eventuelle Schadensersatzansprüche gegen den Versicherungsmakler begründen, ändert aber nichts an dem Bewusstsein des Klägers, dass der Versicherer getäuscht wird, um ihn zur Gewährung von Deckungsschutz zu veranlassen. Die vorsätzliche und arglistige Obliegenheitsverletzung führt zur vollen Verwirkung des Versicherungsschutzes, auch wenn der wahre Sachverhalt vom Versicherungsschutz erfasst worden wäre. Das Urteil ist rechtskräftig.
Kroll riet, dies zu beachten und in allen Zweifelsfragen Rechtsrat einzuholen, wobei er dazu u. a. auch auf die entsprechend spezialisierten Anwälte und Anwältinnen in der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de – verwies.
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Matthias W. Kroll, LL.M.
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