(Kiel) Mit einem am 20.08.2009 veröffentlichten Beschluss vom 11.08.2009 hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde eines Beschwerdeführers gegen die Verurteilung zu einem Bußgeld von 50.– € wegen einer  Geschwindigkeitsüberschreitung zur Entscheidung angenommen und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht Güstrow zurückverwiesen.

Darauf verweist der Kieler Rechtsanwalt Jens Klarmann, Landesregionalleiter „Schleswig-Holstein“ der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 20.08.2009, Az. 2 BvR 941/08 .


Im Januar 2006 wurde auf der BAB 19 in Fahrtrichtung Rostock von der Ordnungsbehörde eine Geschwindigkeitsmessung durchgeführt. Die  Videoaufzeichnung erfolgte mit dem Verkehrskontrollsystem Typ VKS. Dem  Beschwerdeführer, der an diesem Tag mit seinem Pkw auf dieser Strecke  fuhr, wird vorgeworfen, er habe bei km 98,6 fahrlässig die zulässige


Höchstgeschwindigkeit (100 km/h) außerhalb geschlossener Ortschaften um  29 km/h überschritten. Deshalb wurde gegen ihn ein Bußgeld in Höhe von  50 Euro festgesetzt. Die eingelegten Rechtsmittel gegen den  Bußgeldbescheid, mit denen der Beschwerdeführer insbesondere rügte, dass  die Video-Aufzeichnung des Verkehrsverstoßes mangels konkreten  Tatverdachts ohne ausreichende Rechtsgrundlage angefertigt worden sei, hatten keinen Erfolg. Als ausreichende Rechtsgrundlage für die  vorgenommene Geschwindigkeitsmessung wurde von den Gerichten der Erlass zur Überwachung des Sicherheitsabstandes nach § 4 StVO des  Wirtschaftsministeriums Mecklenburg-Vorpommern vom 1. Juli 1999  angesehen.


Die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers, soweit sie zulässig ist,  zur Entscheidung angenommen, das Urteil des Amtsgerichts Güstrow und den  Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock aufgehoben und die Sache zur  erneuten Entscheidung an das Amtsgericht Güstrow zurückverwiesen, betont Klarmann.


Die  Rechtsauffassung der Gerichte, die den Erlass des  Wirtschaftsministeriums Mecklenburg-Vorpommern als Rechtsgrundlage für  den Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung  herangezogen haben, ist unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar. Sie  ist insofern willkürlich und verstößt gegen den allgemeinen
Gleichheitssatz des Art. 3 GG.


Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung kann zwar im überwiegenden Allgemeininteresse eingeschränkt werden. Eine solche Einschränkung bedarf aber einer gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspricht und verhältnismäßig ist. Der als Rechtsgrundlage herangezogene Erlass des  Wirtschaftsministeriums Mecklenburg-Vorpommern, stellt aber keine geeignete Rechtsgrundlage für Eingriffe in dieses Recht dar. Bei dem Erlass handelt es sich um eine Verwaltungsvorschrift und damit um eine verwaltungsinterne Anweisung. Mit Verwaltungsvorschriften wirken vorgesetzte Behörden auf ein einheitliches Verfahren oder eine einheitliche Gesetzesanwendung der untergeordneten Behörden hin. Sie sind kein Gesetz im Sinn des Art. 20 Abs. 3 sowie des Art. 97 Abs. 1 GG und können nur Gegenstand, nicht Maßstab der richterlichen Kontrolle sein.


Es kommt daher nur eine Zurückverweisung an das Amtsgericht zur erneuten Entscheidung über den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid in Betracht. Denn die angegriffenen Gerichtsentscheidungen beruhen auf dem festgestellten Verfassungsverstoß, da nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass die Gerichte im Fall ordnungsgemäßer Prüfung zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis gelangt wären. Nach den allgemeinen strafprozessualen Grundsätzen, die über § 46 Abs. 1 OWiG auch im Bußgeldverfahren sinngemäß anwendbar sind, kann aus einem Beweiserhebungsverbot auch ein Beweisverwertungsverbot folgen. Dieses ist mangels gesetzlicher Regelung anhand einer Betrachtung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles zu ermitteln. Es erscheint zumindest möglich, dass die Fachgerichte einen Rechtsverstoß annehmen, der ein Beweisverwertungsverbot nach sich zieht.


Klarmann empfahl, dieses Urteil auch in vergleichbaren Fällen zu beachten und ggfs. rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de – verwies.


Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:


Jens Klarmann
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
DASV Landesregionalleiter „Schleswig-Holstein“
Passau, Niemeyer & Collegen
Walkerdamm 1
24103 Kiel
Tel:  0431 – 974 300
Fax: 0431 – 974 3099
Email: j.klarmann@pani-c.de
www.pani-c.de