(Kiel) Heutzutage ist die unfallfreie Stellensuche ausgesprochen riskant.
Vor den Arbeitsgerichten sind inzwischen Bewerber bekannt, so der Hamburger Rechtsanwalt und Lehrbeauftragte für Arbeitsrecht Stefan Engelhardt, Landesregionalleiter Hamburg der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, die 60 bis 70 Diskriminierungsklagen eingereicht haben, aber natürlich gibt es auch echte Diskriminierung.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm hat mit Urteil vom 06.06.2013, 11 Sa 335/13, folgenden Fall entschieden:
Die Klägerin hatte sich auf eine Stellenanzeige beworben, war jedoch abgelehnt worden. Zusammen mit der Absage erhielt sie ihre Bewerbungsunterlagen zur Entlastung des Arbeitgebers zurück und fand auf ihrem Lebenslauf neben der Textzeile „verheiratet, ein Kind“ handschriftlich vermerkt: „7 Jahre alt!“ Zudem war die Wortfolge „ein Kind, 7 Jahre alt!“ durchgängig unterstrichen, was nach Auffassung der Klägerin eine Diskriminierung ihres Geschlechts war, sodass sie Klage auf Zahlung einer Entschädigung erhob.
Die Beklagte versuchte sich damit zu rechtfertigen, dass die Notiz deswegen hilfreich gewesen sei, weil sie dadurch gewusst habe, dass das Kind der Klägerin bereits in der Schule sei und somit eine Vollzeitbeschäftigung möglich ist.
Das Arbeitsgericht Siegen vermochte keine Diskriminierung zu erkennen und wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin hatte allerdings Erfolg, so Engelhardt.
Zwar war das LAG der Auffassung, dass ein Abstellen auf das Kriterium „Ein Kind, 7 Jahre alt“ keine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts darstellt, da die Tatsache der Elternschaft unabhängig vom Geschlecht besteht. Auch ein Vater eines 7-jährigen Kindes kann wegen seiner Elternschaft benachteiligt werden. Allerdings konnte das Gericht in der Ablehnung ein Indiz für die mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts im Sinne des § 3 Abs. 2 AGG erkennen.
Mittelbare Benachteiligung bedeutet, dass sich in der durch die Maßnahme oder Regelung benachteiligten Gruppe im Vergleich zur begünstigten Gruppe wesentlich mehr Frauen als Männer befinden. Dies sei hier der Fall gewesen, da das Merkmal „Ein Kind, 7 Jahre alt“ sich auf die Frage der Vereinbarkeit von beruflicher Tätigkeit und Betreuung eines minderjährigen Kindes bezieht.
Dies betrifft im Wesentlichen Frauen, da die Kinderbetreuung in Deutschland nach wie vor überwiegend als Aufgabe der Frauen gesehen und von Ihnen auch vorrangig wahrgenommen wird.
Nach der allgemeinen Lebenserfahrung spricht die handschriftliche Ergänzung und Unterstreichung der Wortfolge „Ein Kind, 7 Jahre alt!“ dafür, dass die damit verbundene Problematik der Vereinbarung von Kinderbetreuung und Berufstätigkeit Teil eines „Motivbündels“ war, das zur Ablehnung der Bewerbung führte. Der beklagten potentiellen Arbeitgeberin war es im Verfahren nicht gelungen, diese Indizwirkung auszuräumen, sodass das Gericht im Ergebnis der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von € 3.000,00 gemäß § 15 Abs. 2 AGG zusprach!.
Es sei dahingestellt, ob man diese Rechtsauffassung teilt oder nicht. Fakt ist, dass Arbeitgeber vermeiden sollten, auf zurückgesandten Bewerbungsunterlagen Notizen zu hinterlassen.
Engelhardt empfahl, dies zu beachten und bei ähnlichen Fällen auf jeden Fall Rechts- und Steuerrat einzuholen und verwies in diesem Zusammenhang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de –
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