(Kiel) Das Oberlandesgericht Nürnberg hat soeben entschieden, dass 199 Abmahnungen auf einen Schlag wegen fehlerhafter Impressumseinträge auf Facebook rechtsmissbräuchlich sein können.


Darauf verweist der Frankfurter Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz Dr. Jan Felix Isele von der Kanzlei DANCKELMANN UND KERST, Vizepräsident der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg vom 3. Dezember 2013 • Az. 3 U 348/13.


In dem Fall hatte ein IT-Unternehmen über seinen Anwalt innerhalb von acht Tagen 199 Mitbewerbern eine Abmahnung zustellen lassen, weil diese kein Impressum auf ihrem Facebook Auftritt angegeben hatten.


Die Nürnberger Richter wiesen daraufhin, dass gemäß § 8 Abs. 4 UWG die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs unzulässig ist, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie offenbar vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Vorliegend sei von einer missbräuchlichen Geltendmachung eines Unterlassungsanspruches auszugehen. Ein Missbrauch liege vor, wenn der Anspruchsberechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen.


Vorliegend habe die Klägerin in einem Zeitraum von wenigen Tagen im August 2012 unstreitig mindestens 199 Abmahnungen gegen vermeintliche Mitbewerber im IT-Bereich wegen Verletzung der Impressumsverpflichtung gemäß § 5 TMG ausgesprochen. Der Vorwurf beruhte darauf, dass auf den Facebook Auftritten der Mitbewerber kein den Vorgaben des § 5 TMG entsprechendes Impressum enthalten war und insbesondere Angaben zum Geschäftsführer bei juristischen Personen und weitere Handelsregisterdaten fehlten. Soweit diese Angaben nach mehreren Links auf der Homepage des Mitbewerbers aufgerufen werden konnten, entsprach dies nach Ansicht der Klägerin nicht den Vorgaben des § 5 TMG, wonach die Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten seien.


Diese „Abmahnwelle“, so die Nürnberger Richter, stehe in keinem vernünftigen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit der Klägerin.


Diese habe Abmahnungen in großer Zahl ausgesprochen, obwohl sie finanziell schwach gewesen sei. Sie wurde mit einem Stammkapital von 25.000 € durch Gesellschaftsvertrag vom 29.07.2011 gegründet und am 16.08.2011 ins Handelsregister eingetragen. Im Zeitpunkt der Abmahnungen bestand sie gerade ein Jahr. Die Bilanz für 2011 weise für die Klägerin einen Jahresfehlbetrag von 20.421,44 Euro auf, an Forderungen und Guthaben sind 9.429,86 Euro ausgewiesen, bei Verbindlichkeiten in Höhe von 10.719,50 Euro. Der Rohertrag betrug 11.860,00 Euro.


Bis zu den Abmahnungen im August 2012 waren Rechnungen erstellt, die Bruttoerlöse von weniger als 50.000,00 Euro, Nettoerlöse in Höhe von knapp 41.000,00 Euro zum Inhalt hatten. Dem stünden angefallene Kosten allein für die Abmahnungen in Höhe von 52.874,30 Euro (199 x 265,70 Euro) gegenüber. Das bedeute, den bis zu den Abmahnungen in Rechnung gestellten Forderungen standen allein Forderungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin aus den Abmahnungen in Höhe von über 52.000 € gegenüber, was für sich allein schon auf Rechtsmissbräuchlichkeit schließen lasse.


Dabei sei das Prozesskostenrisiko aus negativen Feststellungsklagen bzw. aus selbständig weiterverfolgten Ansprüchen noch nicht einmal berücksichtigt. Das Prozesskostenrisiko für eine einzige Unterlassungsklage für eine Instanz beliefe sich auf mindestens 1.250,00 Euro, bei annähernd 200 Verfahren wären dies 250.000 €. Selbst aus den Umsatzerlösen für das gesamte Jahr 2012 wäre dieses Risiko nicht zu bestreiten gewesen.
Ferner habe die Klägerin für das Auffinden der Verstöße eine Suchsoftware verwandt. Damit handele es sich um ein „massenhaftes systematisches Durchforsten“, so auch der Bundesgerichtshof in seinem Urteil GRUR 2001, 260 – Vielfachabmahner). Auch dies sei ein weiteres Indiz für den Rechtsmissbrauch (OLG Nürnberg Senat, Urteil vom 15.06.2004 – Az.: 3 U 643/03).


Die Klage wurde daher abgewiesen.


Rechtsanwalt Dr. Isele empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfragen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei er in diesem Zusammenhang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de – verwies.


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Dr. Jan Felix Isele, Rechtsanwalt
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