(Kiel) Das Oberlandesgericht Köln (OLG) hat die Berufung des Aachener Bildhauers Bonifatius Stirnberg verworfen, mit der dieser eine Rückversetzung der von ihm geschaffenen Pferdeskulptur vor dem Aachener Hauptbahnhof an ihren ursprünglichen Standort erstrebte.

Darauf verweist die Hamburger Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht Karin Scheel-Pötzl von der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf das Urteil des OLG Köln vom 12.06.2009, Az. 6 U 215/08. Allerdings habe das OLG zugleich auch die Berufung der Stadt Aachen zurückgewiesen, so dass diese gemäß dem erstinstanzlichen Urteil des Landgerichts Köln vom 23.07.2008 verpflichtet bleibt, die Pferdegruppe wieder in ihre ursprüngliche Formation zu bringen.


Stirnberg fertigte in den 70er-Jahren im Auftrag der Stadt Aachen eine bronzene Pferdeskulptur an, die fünf Pferde in einer bestimmten Zuordnung zeigt. Eine Verankerung am Fuße der Skulptur sicherte die Position der Pferde zueinander. Die Pferdegruppe wurde im Jahre 1977 auf dem Bahnhofsvorplatz gegenüber dem Haupteingang des Bahnhofes auf einem kleinen Hügel aufgestellt. In den Jahren 2004 und 2005 gestaltete die Stadt den Bahnhofsvorplatz um, wobei die Bronzerösser an einen anderen Standort seitlich zum Haupteingang in die Nähe eines dort befindlichen Verwaltungsgebäudes versetzt wurden. Diesem kehren die Pferde jetzt den Rücken zu und „laufen“ von dort in Richtung Bahnhof. Die ursprüngliche Verankerung der Pferde im Boden wurde nicht erhalten; sie wurden vielmehr in einer Formation zueinander aufgestellt, die von der ursprünglichen abwich.


Der Bildhauer sah in der Versetzung der Pferdegruppe sowie in der Veränderung der Formation und des Hügels eine Verletzung seines Urheberrechts und rief die für Urheberrechtssachen zuständige Spezialkammer des Landgerichts Köln an. Diese verpflichtete die Stadt dazu, die frühere Zuordnung der Pferde zueinander wieder herzustellen, lehnte aber eine Umsetzung der Skulptur an ihren alten Standort ab.


Das OLG Köln hat mit seiner Entscheidung die Berufungen beider Seiten gegen das landgerichtliche Urteil zurückgewiesen, betont Scheel-Pötzl.


Zur Begründung heißt es, dem Bildhauer stehe kein Anspruch darauf zu, dass die Bronzepferde an ihren ursprünglichen Standort zurückversetzt werden. Allein die Umsetzung der Skulptur stelle keinen unzulässigen Eingriff in das Urheberrecht dar. Zwar könne auch der Umweltbezug eines Werkes mit zu diesem gehören und damit urheberrechtlich geschützt sein, wenn ein Werk von Anfang an in Bezug zu seinem Aufstellungsort konzipiert gewesen sei. Ein solches „ortsspezifisches“ Kunstwerk seien die Bronzepferde aber nicht gewesen, da ihre konkrete Position auf dem Bahnhofsvorplatz erst festgelegt worden sei, als der Bildhauer die Skulptur jedenfalls im Modell schon geschaffen hatte. Die Versetzung habe auch nicht insoweit in das Werk des Künstlers eingegriffen, als die Pferde ihrem geistig-ästhetischen Gesamteindruck nach am neuen Standort nicht mehr hinreichend zur Geltung kommen könnten und „erdrückt würden“. Die Pferdegruppe habe ausreichend Abstand zu den sie umgebenden Gebäuden bzw. Gegenständen, so dass weder der Eindruck entstehe, die Pferde kämen aus dem Verwaltungshochhaus, noch wirke die Skulptur an dem neuen Standort „puppenhaft“, wie der Künstler gemeint hatte. Schließlich sei die Pferdegruppe vom Haupteingang des Hauptbahnhofes aus nach wie vor gut sichtbar, so dass auch nicht festgestellt werden konnte, dass die vom Bildhauer als notwendig behauptete Wechselwirkung zwischen Bahnhof und Kunstwerk am neuen Standort nicht mehr gegeben sei.


Insgesamt konnte der Senat, nachdem er sich einen persönlichen Eindruck von der Aufstellung der Skulptur verschafft hatte, nicht feststellen, dass der neue Aufstellungsort als solcher die berechtigten geistigen und persönlichen Interessen des Künstlers beeinträchtige. Der Urheber, der sein Werkstück willentlich und zumeist auch gegen Entgelt in fremde Hände gegeben habe, habe gegenüber dem Eigentümer grundsätzlich keinen Anspruch auf eine seinen Vorstellungen entsprechende Darbietungsform seines Werkes.
Allerdings hat der Senat auch die Berufung der Stadt Aachen verworfen. Diese habe – wie vom Landgericht festgestellt – insofern in das künstlerische Werk Stirnbergs eingegriffen, als sie bei der Neuaufstellung die Position der Pferde zueinander in Höhe, Abstand sowie Ausrichtung verändert habe. Durch diese Veränderungen vermittele das Kunstwerk dem Betrachter einen deutlich anderen Gesamteindruck als die ursprünglich vom Kläger geschaffene Gestaltung, wobei es nicht darauf ankomme, ob dadurch der Werkeindruck verbessert oder verschlechtert worden sei. Der Urheber brauche sich weder vermeintlich bessere noch tatsächlich bessere Ausführungsideen aufdrängen zu lassen, zumal solche Bewertungen ohnehin kaum zu objektivieren seien. Die gebotene Abwägung zwischen den Interessen des Künstlers an der Erhaltung seines Werkes und den Interessen der Stadt falle hier zugunsten Stirnbergs aus. Bei der Bronzeskulptur handele es sich um ein Werk von hoher schöpferischer Eigenart, das für jedermann sichtbar auf einem öffentlichen Platz steht. Auf Seiten der Stadt seien demgegenüber keine schutzwürdigen Interessen erkennbar, die diesen Eingriff in das Urheberrecht rechtfertigen könnten. Die Veränderung der Formation sei weder im Hinblick auf die Nutzung des Bahnhofsvorplatzes erforderlich gewesen noch seien sonstige Gründe vorgetragen worden, die eine Veränderung gerade der Zuordnung der Pferde zueinander notwendig machten.


Die Revision gegen das heutige Urteil wurde vom Senat nicht zugelassen; beide Parteien können allerdings binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof erheben.


Scheel-Pötzl empfahl, das Urteil zu beachten und bei ähnlichen Fällen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen und verwies in diesem Zusammenhang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de  –


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