(Kiel) Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29.05.2008, IX ZR 42/07, ist eine kreditgebende Bank nur ausnahmsweise verpflichtet, den Kreditnehmer bei einer Kreditvergabe über die Sittenwidrigkeit zu informieren.

Darauf verweist der Hamburger Rechtsanwalt und Lehrbeauftragte für Arbeitsrecht Stefan Engelhardt, Landesregionalleiter „Hamburg“   der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel.


Die Kläger dieses Verfahrens waren 1993 von einem Vermittler geworben worden, ohne Eigenkapital eine Eigentumswohnung für DM 129.250,00 zu Steuersparzwecken zu erwerben.


Die Kläger schlossen einen Darlehensvertrag mit der Beklagten über DM 129.000,00 ab, bei einer 1 %-igen Tilgung pro Jahr.


Der Beklagten lagen zum Zeitpunkt der Kreditentscheidung Unterlagen vor, nach denen sich das Objekt an einer breiten Hauptstraße mit Verkehrslärmbeeinträchtigung befand. Der exakte Umfang von Renovierungsarbeiten war der Beklagten dabei nicht bekannt, der tatsächliche Wert betrug jedoch lediglich DM 63.500,00. Daraufhin wurde die Tilgungsrate auf 5 % erhöht, letztendlich einigten sich die Parteien aber auf 3 %.


Nachdem die Kläger die Raten im Jahre 2003 nicht mehr leisten konnten, leitete die Beklagte die Zwangsversteigerung der Eigentumswohnung ein und betrieb wegen eines Restbetrages von DM 25.720,40 die Zwangsvollstreckung in das persönliche Vermögen der Kläger.


Das Landgericht wies die Vollstreckungsgegenklage der Kläger ab, auf die Berufung hob das Oberlandesgericht die Entscheidung auf und gab der Klage statt. Die Hilfswiderklage der Beklagten auf Zahlung des Restbetrags wies sie ab.


Die Revision der Beklagten hatte vor dem Bundesgerichtshof keinen Erfolg, betont Engelhardt.


Der BGH hat dazu ausgeführt, dass die Kläger dem Darlehensrückzahlungsanspruch der Beklagten einen Schadenersatzanspruch aus sog. Verschulden bei Vertragsschluss wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht durch die Beklagte entgegenhalten können.


Eine kreditgebende Bank ist bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet.


Regelmäßig darf sie davon ausgehen, dass ein Kunde entweder die notwendigen Kenntnisse oder Erfahrungen aufweist oder aber sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient hat. Es kann jedoch ein besonderer Umstand vorliegen, wenn die Bank bezüglich spezieller Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und diesen auch erkennen konnte.


Eine Aufklärungspflicht der Bank über die Unangemessenheit des Kaufpreises unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Wissensvorsprungs liegt ausnahmsweise bei einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers vor, von der auszugehen ist, wenn der Verkaufspreis etwa doppelt so hoch ist wie der Verkehrswert der Wohnung.


Grundsätzlich ist positive Kenntnis der Bank von der sittenwidrigen Überteuerung des Kaufobjektes erforderlich. Die bloße Erkennbarkeit einer sittenwidrigen Überteuerung steht jedoch ausnahmsweise der positiven Kenntnis gleich, wenn sich diese dem zuständigen Bankmitarbeiter nach den Umständen des Einzelfalls aufdrängen musste.


In diesem Fall sah der BGH das nachträgliche ungewöhnliche Verlangen nach unüblich hohen Tilgungen pro Jahr durch die Beklagte als wichtiges Indiz dafür an, dass sie die Immobilie in hohem Maße nicht als werthaltig ansah. In einem solchen Fall ist nach Auffassung des Gerichtes davon auszugehen, dass die Bank die sich aufdrängende Erkenntnis einer sittenwidrigen Überteuerung einfach ignorierte und versuchte, durch einen ungewöhnlich hohen Tilgungssatz das Kreditausfallrisiko zu verringern.


Engelhardt empfahl, das Urteil zu beachten und bei ähnlichen Fällen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen und verwies in diesem Zusammenhang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de  –


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