(Kiel) Ein Insolvenzverfahren für Privatpersonen dauert in Deutschland bislang sechs Jahre. Im Verhältnis zu den europäischen Nachbarn ist das recht lang. Von Seiten der EU gibt es eine Richtlinie, wonach Vorgaben zur Entschuldung aufgestellt wurden. Ziel ist eine Vereinheitlichung in Europa. Danach soll die Entschuldung grundsätzlich schon nach drei Jahren möglich sein.

Das Bundesjustizministerium hat nun einen Entwurf zur Änderung der Insolvenzordnung vorgelegt. Kernstück ist, so der Mannheimer Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht Rainer – Manfred Althaus von der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, dass Verbraucher bereits nach drei Jahren von ihren Schulden befreit werden sollen. Das soll für die Verfahren gelten, die ab dem 17.7.2022 eröffnet werden. Dazu ist eine besondere Übergangsregelung geplant, dazu unten mehr.

Im derzeit geltenden Recht gibt es verschiedene Möglichkeiten, das Insolvenzverfahren vor Ablauf der sechs Jahre zu beenden. Eine davon ist die Verkürzung auf drei Jahre, wenn die Verfahrenskosten bezahlt sind und für die Gläubiger mindestens 35 % übrigbleiben. Die Verfahrenskosten sind zum einen die Gerichtskosten und zum anderen die Vergütung des Insolvenzverwalters. Das Problem hierbei ist, dass sich die Vergütung des Insolvenzverwalters daran orientiert, wie viel er eingenommen hat. Bekommt er mehr Geld in die Insolvenzmasse, steigt seine Vergütung. Das führte dazu, dass man ihm oft deutlich mehr Geld zur Verfügung stellen muss als die geforderten 35 % für die Gläubiger. Vor kurzem wurde eine Auswertung vorgenommen, bei der überprüft wurde, in wieviel Fällen das gelungen ist. Das Ergebnis ist sehr enttäuschend. Weniger als 2 % der Schuldner haben das geschafft. Deswegen gilt diese Regelung als misslungen. Auch aus diesem Grund ist eine Änderung des Gesetzes beabsichtigt.

Zugleich wird auch die Sperrfrist für ein zweites Verfahren erhöht. Derzeit liegt sie bei 10 Jahren. Man kann also frühestens nach dieser Zeit ein neues Insolvenzverfahren beantragen, wenn man wieder nicht in der Lage ist, seine Schulden bezahlen zu können. Dieser Zeitraum soll nun auf 13 Jahre erhöht werden.

Interessant ist noch die geplante Verkürzung der Speicherfrist. Auskunfteien wie zum Beispiel die SCHUFA dürfen Daten im Zusammenhang mit Insolvenzverfahren nur noch ein Jahr statt wie bisher drei Jahre lang speichern. Es hat sich herausgestellt, dass gerade Eintragung bei der SCHUFA auch nach einem ordnungsgemäßen Insolvenzverfahren oft noch ein Hindernis sind.

Bei der Umsetzung soll es, wie eingangs erwähnt, eine Übergangsregelung geben. Es soll verhindert werden, dass nunmehr alle potentiellen Schuldner warten, bis die dreijährige Frist ab dem 17.7.2022 gilt. Das würde dazu führen, dass sowohl die Verwalter wie auch Berater und die Insolvenzgerichte bis zu diesem Stichtag vermutlich nichts mehr zu tun hätten. Dann käme eine Welle von vermutlich über 100.000 Anträgen innerhalb von wenigen Tagen auf sie zu. Das könnte niemand bewältigen.

Deswegen ist geplant, dass sich die Dauer des Insolvenzverfahrens bereits jetzt schon jeden Monat um einen Monat verkürzt. Ein potentieller Schuldner kann also bereits jetzt seinen Antrag stellen und muss nicht noch länger warten. Er wird in jedem Fall Mitte 2025 sein Verfahren beenden können. Gerechnet wird ab dem 16.7.2019. Wer also zum Beispiel zwischen dem 17.12.2019 und dem 16.1.2020 sein Verfahren eröffnet bekam, hatte nur noch fünf Jahre und sieben Monate. Bei wem das zwischen dem 17.1.2020 und bis zum 16.2.2020 der Fall war, hat noch eine Gesamtlaufzeit von fünf Jahren und sechs Monaten usw. So verringerte es sich stufenweise jeden Monat, immer gerechnet ab dem 17. des Monats. Das klingt jetzt etwas kompliziert, ist aber Ergebnis recht einfach. Ein Verbraucher hat nichts davon, länger zu warten.

Wie gesagt, bislang ist das nur ein Entwurf. Soweit ersichtlich besteht allerdings in der Politik Einigkeit darüber, dass das Gesetz entsprechend geändert werden soll. Außerdem muss Deutschland die bestehenden Gesetze aufgrund der Vorgaben der EU ändern. Es bestehen daher keine Zweifel daran, dass die Änderung kommen wird. Momentan wird darüber noch beraten. Aus heutiger Sicht ist aber zu erwarten, dass die Grundstruktur mit der Verkürzung und der Übergangsregelung bleiben wird. Vermutlich wird die Änderung noch im Jahr 2020 in Kraft treten.

Rechtsanwalt Althaus empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfragen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei er in diesem Zusammenhang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de  – verwies.

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Rainer-Manfred Althaus, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Insolvenzrecht / Immobilienfachwirt (IHK)

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