(Brühl) In einem Urteil vom 20.11.2008 hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass selbst dann eine Urheberrechtsverletzung vorliegt, wenn jemand einem „fremden Tonträger“ nur kleinste Tonfetzen entnimmt. Allerdings sei in derartigen Fällen zu prüfen, ob sich der Verletzer auf ein „Recht zur freien Benutzung“ berufen kann. (AZ.: I ZR 112/06)
In dem ausgeurteilten Fall, so die Hamburger Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht Karin Scheel-Pötzl von der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Brühl, ging es um die Musikgruppe „Kraftwerk“, die bereits im Jahre 1977 einen Tonträger veröffentlichte, auf dem sich auch das Stück „Metall auf Metall“ befindet. In dem Verfahren warf die Band den Komponisten des im Jahre 1997 erschienenen Titels „Nur mir“ mit der Sängerin Sabrina Setlur vor, eine etwa zwei Sekunden lange Rhythmussequenz aus diesem Titel elektronisch kopiert („gesampelt“) und dem Titel „Nur mir“ in fortlaufender Wiederholung („Loop“) unterlegt zu haben. Dadurch seien ihre Rechte als Tonträgerhersteller verletzt worden. Dieser Auffassung, so Scheel-Pötzl, hat sich der BGH nun dem Grunde nach angeschlossen, die Sache jedoch zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG Hamburg zurückverwiesen. Zwar habe das bereits zuvor als Berufungsgericht zuständige OLG Hamburg zu Recht angenommen, dass im vorliegenden Fall in das Tonträgerherstellungsrecht der Band eingegriffen wurde. Die Bestimmungen des Urheberrechts schützten insoweit die zur Festlegung der Tonfolge auf dem Tonträger erforderliche „wirtschaftliche, organisatorische und technische“ Leistung des Tonträgerherstellers, sodass sich auf dem Tonträger kein Teil befinde, auf den sich dieser Aufwand nicht beziehe und daher nicht geschützt wäre. Deshalb sei ein Eingriff in die Rechte des Urhebers auch bereits dann gegeben, wenn dem geschützten Werk auch nur kleinste Tonfetzen entnommen werden. Es sei jedoch in derartigen Fällen zu prüfen, ob der Verletzer sich auf das „Recht zur freien Benutzung“ berufen könne. Danach kann die Benutzung fremder Tonträger auch ohne Zustimmung des Berechtigten erlaubt sein, wenn das neue Werk zu der aus dem benutzten Tonträger entlehnten Tonfolge einen so großen Abstand hat, dass es als „selbstständig“ anzusehen ist. Allerdings, so Urheber- und Medienrechtsexpertin Scheel-Pötzl, gebe es hier, worauf auch der BGH verwiesen habe, zwei Einschränkungen: Ist derjenige, der die auf einem fremden Tonträger aufgezeichneten Töne oder Klänge für eigene Zwecke verwenden möchte, befähigt und befugt, diese selbst einzuspielen, gibt es für eine Übernahme der unternehmerischen Leistung des Tonträgerherstellers keine Rechtfertigung. Eine Benutzung kommt ferner nicht in Betracht, wenn es sich bei der erkennbar dem benutzten Tonträger entnommenen und dem neuen Werk zugrundgelegten Teil um eine „Melodie“ handelt, was das OLG Hamburg nun neu zu prüfen habe. Diese Entscheidung, so betont Scheel-Pötzl, zeige jedoch wieder einmal die Komplexität des Urheberrechts, die – wie hier – zu langjährigen Rechtsstreiten führen könne. Sie empfiehlt daher, bereits im Vorfeld durch kompetente rechtliche Beratung für mehr Rechtssicherheit im eigenen Interesse zu sorgen.
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