(Kiel) Bekanntlich stellt unerwünschte E-Mail Werbung regelmäßig einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach § 823 BGB dar. Der Empfänger einer solchen E-Mail-Werbung kann von dem Versender daher verlangen, dass jener zukünftig keine weitere E-Mail-Werbung mehr an ihn, dem Empfänger, richtet.
Außerdem stellt die unerwünschte E-Mail-Werbung auch einen Verstoß gegen § 7 UWG dar. Deshalb kann der Versender auch von Mitbewerbern oder Verbraucherschutzverbänden darauf in Anspruch genommen werden, künftig auf solche E-Mail-Werbung in Gänze zu verzichten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Werbende unverhofft per E-Mail an den Adressaten herantritt.
Wie aber verhält es sich, so der Frankfurter Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz Dr. Jan Felix Isele von der Kanzlei DANCKELMANN UND KERST, Vizepräsident der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, wenn per e-mail bloß Eingangsbestätigung versandt wird, in deren Abspann sich (auch) Werbung befindet?
Einen solchen Fall hatte unlängst das Landgericht Stuttgart (4 S 165/14, Urteil vom 04. Februar 2015) zu beurteilen. Der dortige Kläger war Kunde der dortigen Beklagten. Sein diesbezügliches Vertragsverhältnis hatte er gekündigt und – per E-Mail – um eine entsprechende Kündigungsbestätigung gebeten. Auf seine E-Mail erhielt er sodann eine automatisierte Eingangsbestätigung. Diese war im Betreff beschrieben mit den Worten „Automatische Antwort auf Ihre E-Mail vom …“. Der Text erschöpfte sich in den Worten „Vielen Dank für Ihre Nachricht. Wir bestätigen Ihnen hiermit den Eingang Ihres Mails. Sie erhalten baldmöglichst eine Antwort“. Nach der Schlußformel erfolgte noch ein kurzer Abspann, worin es u.a. hieß: „Übrigens: Unwetterwarnungen per SMS kostenlos auf Ihr Handy. Ein exklusiver Service nur für (…) Kunden. Infos und Anmeldung unter www.(…).de“.
Das Landgericht Stuttgart erkannte in diesem Abspann zwar Werbung. Der Begriff der Werbung umfasse nämlich alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seines Produkte oder seiner Dienstleistungen gerichtet seien. Auch die mittelbare Absatzförderung sei hiervon erfasst.
Gleichwohl sah das Landgericht Stuttgart in jener E-Mail keinen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach § 823 BGB. Der Grund, weshalb bei unerwünschter Zusendung von Werbung per E-Mail ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht angenommen werde, sei nämlich dem Umstand geschuldet, dass zum einen Kosten für den E-Mail-Empfänger entstehen könnten und zum anderen das Aussortieren ein Aufwand für den Empfänger bedeute. So sei der Empfänger einer unaufgefordert zugesandten E-Mail gehalten, sich mit dieser auseinanderzusetzen. Um den Inhalt abzuklären, sei erforderlich, die E-Mail zu öffnen, wenn sich nicht aus dem Betreff selbst bereits ablesen lasse, dass es sich um Werbung handele. Außerdem sei dem Empfänger nicht zumutbar, erbetene E-Mails von nicht erbetenen E-Mails zu trennen, um letztere zu löschen. Schließlich sei eine Sichtung der E-Mails erforderlich, um zur Unterbindung weiterer Zusendungen etwa einen Widerspruch einzulegen, was eine nicht unerhebliche Belästigung darstelle. Diese Umstände seien bei einer bloßen Eingangsbestätigung aber nicht anzunehmen, auch wenn sie im Abspann Werbung enthalte. Ein spezielles Aussortieren sei nicht erforderlich. Der Betreff und auch die Überschrift selbst hätten die Worte enthalten „Automatische Antwort auf E-Mail“. Hieraus und auch aus der Uhrzeit sei für den Adressaten erkennbar gewesen, dass es sich bei der E-Mail um eine Eingangsbestätigung gehandelt habe. Derartige E-Mails würden von den Empfängern schon deshalb nicht gelöscht werden, damit sie später als Nachweis für den Eingang der eigenen E-Mail dienten. Die Gefahr, dass der Empfänger ohne die Versendung einer weiteren E-Mail an den Absender weitere Werbung erhalte, bestehe im Gegensatz zu der „klassischen“ E-Mail-Werbung ebenfalls nicht. Schließlich sei der Adressat nicht gezwungen gewesen, die E-Mail bis zum Schluss zu lesen. So habe sich aus der E-Mail-Adresse „noreply…“ ergeben, dass auf diese E-Mail ohnehin nicht geantwortet werden könne. Da der Umfang der E-Mail insgesamt gering gewesen sei, habe man auch das Wesentliche aus jener E-Mail sofort herauslesen können.
Das hört sich zunächst zwar nach einem Freibrief an, Werbung zumindest in dem Abspann von Eingangsbestätigungen, die per E-Mail versandt werden, unterzubringen. Allerdings ist hierzu das letzte Wort noch nicht gesprochen, betont Dr. Isele. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung jener Rechtsfrage hat das Landgericht Stuttgart nämlich die Revision zum BGH zugelassen. Dieser wird dann seinerseits die Frage beantworten, ob in der im Rahmen einer noreply-e-Mail in Form einer automatisierten Eingangsbestätigung versandten Werbung ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht zu sehen ist.
Davon abgesehen kommt neben einem Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach § 823 BGB immer noch ein Verstoß gegen § 7 UWG in Betracht. Und gemäß § 7 Abs. 2 UWG ist bei Werbung unter Verwendung elektronischer Post grundsätzlich eine unzumutbare Belästigung zu bejahen. Das heißt: Auch wenn sich – nach Auffassung des Landgerichts Stuttgart – der einzelne Adressat nicht dagegen wehren kann, im Rahmen einer noreply-e-Mail in Form einer automatisierten Eingangsbestätigung Werbung zu erhalten, können Mitbewerber das Versenders oder Verbraucherschutzverbände ihrerseits den Versender in Anspruch nehmen und ihm derartige Werbung im Rahmen von noreply-e-Mails grundsätzlich untersagen lassen.
„Entwarnung“ für Werbung in noreply-e-Mails gibt es daher nicht.
Rechtsanwalt Dr. Isele empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfragen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei er in diesem Zusammenhang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de – verwies.
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