Tenor
I.

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 9. April 2019 – 34 BVGa 3353/19 teilweise abgeändert.

Der Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2.) wird untersagt, Taschenkontrollen bei ihren im Betrieb T.str. 9-12, 10789 Berlin beschäftigten Personen an einem anderen Ort als an der neben dem Personalaufenthaltsraum in der zweiten Etage liegenden Notausgangstüre durchzuführen, solange nicht

– die Beteiligten eine Betriebsvereinbarung zum Thema Taschenkontrollen für die im Betrieb T.str. 9-12, 10789 Berlin beschäftigten Personen abgeschlossen haben oder

– eine entsprechende Vereinbarung durch eine Einigungsstelle beschlossen ist oder

– im Hauptsacheverfahren zu diesem einstweiligen Verfügungsverfahren über den Verfahrensgegenstand eine rechtskräftige Entscheidung getroffen worden ist oder

– es sich um eine Taschenkontrolle aus besonderem Anlass (z.B. den konkreten Verdacht eines Diebstahls durch eine/n Mitarbeiter/in) handelt.

II.

Der Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2) wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen den Tenor zu I. ein Ordnungsgeld von bis zu 10.000 € angedroht.

III.

Die weitergehende Beschwerde des Betriebsrats wird zurückgewiesen.

IV.

Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben.

Gründe

1
Die Beteiligten streiten über die Unterlassung von Taschenkontrollen durch die Arbeitgeberin.
2
Der Arbeitgeber ist ein weltweit tätiger Sportartikelhersteller. Dieser betreibt im Europa-Center in Berlin über zwei Etagen (EG + 1. OG) ein Verkaufsgeschäft, in dem derzeit 85 Arbeitnehmer*innen beschäftigt werden, davon drei in Elternzeit bzw. Mutterschutz. Dienstplanmäßig sind arbeitstäglich ca. 35-44 Arbeitnehmer*innen geplant. In der 2. Etage befinden sich ein zweites Lager sowie der Personalaufenthaltsraum (Staffroom), das Managerbüro und das Kassenbüro.
3
Seit August 2018 gibt es erstmals im Betrieb einen Betriebsrat, der aus 5 Personen besteht.
4
Seit mehreren Jahren unterzieht die Arbeitgeberin die Arbeitnehmer*innen beim Verlassen der Filiale zum Arbeitsende sowie zur Pause einer Taschenkontrolle. Dazu waren die Beschäftigten angewiesen, zum Ende der Schicht oder zu Beginn der Pause in den Verkaufsraum ins Erdgeschoss zu kommen, um sich am Hinterausgang zum Europacenter von ihrem jeweiligen Vorgesetzten (Lead, Coach, Assistant Head Coach oder Head Coach) die Taschen kontrollieren zu lassen.
5
In einem Gespräch zwischen 4 Betriebsratsmitgliedern und dem Betriebsleiter (Head Coach), zweien seiner Stellvertreter/in sowie dem damaligen HR Specialist bzw. Personalverantwortlichen am 20. September 2018 wurden die Taschenkontrollen erörtert.
6
Im Ergebnis kamen die Teilnehmer überein, dass zukünftig die Taschenkontrollen ausschließlich „oben an der Notausgangstür durchgeführt würden“ und dafür weiter die Manager von der Fläche oder aus dem Büro zuständig seien. Entsprechendes teilte der Personalverantwortliche den Beschäftigten mit einer E-Mail vom 20. September 2018 für die Zeit ab 21. September 2018 mit.
7
Da in der Folgezeit auch nach einem weiteren Gespräch der Betriebsparteien im Dezember 2018 Kontrollen weiter auch im Erdgeschoss durchgeführt wurden, teilten die anwesenden vier Betriebsrats- sowie zwei Ersatzmitglieder während eines erneuten Gespräches der Betriebsparteien am 12. Februar 2019 mit, dass sie die Taschenkontrollen nicht weiter tolerieren und von nun an untersagen würden. Der Arbeitgeber halte sich hinsichtlich des Ortes der Kontrollen nicht an die Absprache vom 20. September 2018 und der damals besprochene Zufallsgenerator sei immer noch nicht installiert.
8
Die Arbeitgeberin forderte die Betriebsratsmitglieder auf, einen entsprechenden Beschluss zu senden, was nicht erfolgte.
9
Im Protokoll der Sitzung des Betriebsrats vom 19. Februar 2019 ist zum Punkt 9 der Tagesordnung festgehalten:
10
Der Betriebsrat diskutiert die derzeitige Handhabung der umfassenden Taschenkontrollen der Mitarbeiter durch den Arbeitgeber. Der Arbeitgeber führt die gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtige Maßnahme der umfassenden Taschenkontrollen der Mitarbeiter gegen den ausdrücklichen Willen des Betriebsrats weiterhin durch.
11
Der Betriebsrat beabsichtigt, sich gegen die Verletzung seiner Mitbestimmungsrechte gerichtlich zur Wehr zu setzen und die mitbestimmungswidrige Maßnahme aufheben zu lassen und gerichtlich zur Unterlassung anzuhalten.
12
Am 19. Februar 2019 fasste der Betriebsrat ausweislich des Protokolls der Sitzung des Betriebsrats mit 5:0 Stimmen folgenden Beschluss:
13
Der Betriebsrat beschließt, sich zur Durchsetzung und Wahrung seiner Mitbestimmungsrechte bei der Einleitung von arbeitsgerichtlichen Verfahren nach § 23 Abs. 3 BetrVG sowie der Durchsetzung einer Entscheidung in diesem Verfahren durch Herrn Rechtsanwalt … vertreten zu lassen, wobei diesem ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt wird, einen oder mehrere Unterbevollmächtigte zu beauftragen. Herr Rechtsanwalt … wird auch beauftragt und bevollmächtigt, zur effektiven Streitbeilegung dieses gerichtlichen Verfahrens ggf. außergerichtlich tätig zu werden.
14
Gespräche des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats mit der anwaltlichen Vertretung der Arbeitgeberin am 8.3.2019 und ein weiteres Gespräch der Betriebsparteien am 12.3.2019 führten zu keinem Einvernehmen. Darauf reichte der Betriebsrat am 19.3.2019 die Antragsschrift in dem hiesigen Verfahren beim Arbeitsgericht Berlin ein.
15
Der Betriebsrat meint, dass Taschenkontrollen der Mitbestimmung des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG unterfallen würden. Eine vorherige Zustimmung des Betriebsrates dazu liege nicht vor. Die Arbeitgeberin halte sich nicht an die Absprache vom 20. September 2018 und lehne die Einrichtung eines Zufallsgenerators, was Teil der Absprache am 20. September 2018 gewesen sei, ab. Damit würden die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats verletzt. Es bestehe eine Wiederholungsgefahr und es handele sich um grobe Verstöße der Arbeitgeberin gegen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates. Auch verletze die Arbeitgeberin die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten unverhältnismäßig, da es sich um anlasslose und flächendeckende Taschenkontrollen handele. Die Mitbestimmungsrechte würden tagtäglich verletzt, so dass im Wege der einstweiligen Verfügung vorzugehen sei.
16
Die Arbeitgeberin erwidert, dass der Betriebsrat keinen Anspruch auf Untersagung der Taschenkontrollen habe. Es handele sich um ein seit Jahren im Wesentlichen unverändert praktiziertes Verfahren, Es werde bereits seit einer Zeit weit vor Gründung des Betriebsrates angewandt. Wenn der Betriebsrat dieses ändern wolle, solle er mit der Arbeitgeberin in Gespräche eintreten und ggf. eine Einigungsstelle zu dem Thema einsetzen lassen. Ein zu Recht mitbestimmungsfrei eingeführtes Verfahren werde nicht durch die spätere Wahl eines Betriebsrats unzulässig.
17
Es bestehe aber auch keine Eilbedürftigkeit. Nach der Besprechung mit dem Betriebsrat am 20. September 2018 seien Änderungen am System vorgenommen worden. Danach habe der Betriebsrat zu keinem Zeitpunkt geäußert, dass er das System nicht mehr dulden wolle. Erst nach ca. 5 Monaten am 19. Februar 2019 habe er den geschilderten Beschluss dieses Verfahren einzuleiten gefasst und dann noch einmal einen Monat gewartet, bis das Verfahren tatsächlich eingeleitet worden sei. Auch handele es sich faktisch um eine Vorwegnahme der Hauptsache, was im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht erfolgen solle.
18
Bei einer Inventur im November 2018 sei eine Differenz von ca. 125.000 EUR innerhalb von 7 Monaten festgestellt worden. Die Taschenkontrollen seien im Rahmen der Diebstahlsprävention erforderlich. In dem Gespräch am 20. September 2018 sei die Arbeitgeberin nicht zu Verhandlungen über eine Betriebsvereinbarung aufgefordert worden und die Arbeitgeberin habe auch keinen Zufallsgenerator zugesagt. Man habe sich lediglich darauf geeinigt, dass Taschenkontrollen zukünftig „auch“ im 2. OG der Filiale möglich sein sollten. Der Head Coach habe das jedoch dahin verstanden, dass die dortige Kontrolle zusätzlich zur Kontrolle im Erdgeschoss erfolgen solle. In dem Treffen am 12. Februar 2019 habe der Betriebsrat nicht geäußert, die Kontrollen nicht mehr dulden zu wollen.
19
Die Kontrollen würden aktuell überwiegen im 2. OG durchgeführt. Eine Kontrolle im Erdgeschoss erfolge auf Wunsch der Mitarbeiter, wenn sie nach der Schicht noch privat einkaufen wollten und bereits ihre private Tasche mit sich führen würden und wenn alle zur Kontrolle berechtigten Vorgesetzten auf der Fläche im Erdgeschoss erforderlich seien.
20
Die in jedem Fall anzustellende Interessenabwägung falle angesichts der notwendigen Diebstahlsprävention und des geringen Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht der Beschäftigten zu Gunsten der Arbeitgeberin aus.
21
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 9. April 2019 den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen. Dem Betriebsrat stehe zwar grundsätzlich ein Mitbestimmungsrecht zu und es gebe auch keine förmliche Regelung zum Umgang mit den Taschenkontrollen. Die Betriebsparteien hätten aber am 20. September 2018 eine Absprache getroffen, in welcher Form die Taschenkontrollen zumindest vorläufig durchgeführt werden sollten. Diese Abrede der ausschließlichen Kontrolle in der 2. Etage sei für beide Seiten verbindlich. Deshalb habe der Betriebsrat keinen Anspruch, die Taschenkontrollen gänzlich zu unterbinden. Dadurch, dass die Arbeitgeberin von dieser Regelung abgewichen sei, sei sie nicht hinfällig. Vielmehr hätte der Betriebsrat auf die Einhaltung der Regelung hinweisen müssen.
22
Gegen diesen seinen Verfahrensbevollmächtigten am 24. April 2019 zugestellten Beschluss legten diese am 22. Mai 2019 Beschwerde ein, nachdem der Betriebsrat entsprechendes am 7. Mai 2019 beschlossen hatte. Zusätzlich zu der gänzlichen Untersagung der Taschenkontrollen beantragt der Betriebsrat nunmehr hilfsweise, der Arbeitgeberin zu untersagen, die Taschenkontrollen – abgesehen von einem konkreten Diebstahlsverdacht – ausschließlich in der 2. Etage durchzuführen.
23
Der Betriebsrat meint, dass das Arbeitsgericht dem Antrag zumindest teilweise wie jetzt mit dem Hilfsantrag formuliert, hätte stattgeben müssen. Der Betriebsrat habe die Regelung vom 20. September 2018 auch am 12. Februar 2019 mit sofortiger Wirkung gekündigt, indem er sinngemäß erklärt habe, dass er die Taschenkontrollen wie gegenwärtig praktiziert, nicht länger dulden werde und diese untersage. Dabei habe es sich um eine außerordentliche fristlose Kündigung der Regelungsabrede gehandelt. Es bestehe auch weiter eine Eilbedürftigkeit. Der Betriebsrat habe das Thema kontinuierlich seit September 2018 verfolgt.
24
Der Betriebsrat beantragt,
25
den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin – 34 BVGa 3353/19 – abzuändern und die Beteiligte zu 2. im Wege einer einstweiligen Verfügung wie folgt zu verurteilen:

1.
26
Die Beteiligte zu 2. wird bis zum Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung mit dem Beteiligten zu 1. oder bis zur Entscheidung einer Einigungsstelle mit dem Gegenstand „Taschenkontrollen“ oder bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren untersagt, ohne besonderen Anlass (z.B. den konkreten Verdacht eines Diebstahls durch eine/n Mitarbeiter/in) Taschenkontrollen bei ihren Mitarbeitern im Betrieb T.str. 9-12, 10789 Berlin, durchzuführen.
27
Hilfsweise: Der Beteiligten zu 2. wird bis zum Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung mit dem Beteiligten zu 1. oder bis zur Entscheidung einer Einigungsstelle mit dem Gegenstand „Taschenkontrollen“ oder bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren untersagt, ohne besonderen Anlass (z.B. den konkreten Verdacht eines Diebstahls durch eine/n Mitarbeiter/in) Taschenkontrollen bei ihren im Betrieb T.str. 9-12, 10789 Berlin beschäftigten Personen an einem anderen Ort als an der neben dem Personalaufenthaltsraum in der zweiten Etage liegenden Notausgangstüre durchzuführen.
28
Der Beteiligten zu 2 wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen den Antrag zu 1. Ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Ordnungsgeld angedroht.
29
Der Betriebsrat beantragt,
30
die Berufung zurückzuweisen.
31
Die Arbeitgeberin hebt hervor, dass die Abweichungen der Taschenkontrollen in der 2. Etage aus ihrer Sicht zum Vorteil der Mitarbeiter erfolgt seien. Diese Ausnahme gebe es nun seit kurzem nicht mehr. Die Kontrollen würden entsprechend einer E-Mail des Head Coach nun nur noch in der 2. Etage durchgeführt. Eine Betriebsvereinbarung werde derzeit zwischen den Betriebsparteien verhandelt. Die Einführung eines Zufallsgenerators habe die Arbeitgeberin bei den Verhandlungen am 22. Mai 2019 zugesagt. Es würden derzeit konkrete Regelungsentwürfe verhandelt.
32
Die Arbeitgeberin meint, dass der Hilfsantrag als Antragsänderung unzulässig sei. Einen inhaltsgleichen Vergleich habe der Betriebsrat in der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht abgelehnt. Auch gebe es keine Kündigung der Regelungsabrede. Jedenfalls habe eine solche die Arbeitgeberin in dem Gespräch am 12. Februar 2019 nicht wahrgenommen. Selbst wenn der Betriebsrat geäußert haben sollte, dass er die derzeitige Praxis nicht mehr dulden werde, sei das keine Kündigung und könne sich nur auf die abweichende Handhabung beziehen.
33
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der Beschwerdebegründung des Betriebsrats vom 22. Mai 2019, die Beschwerdeerwiderung der Arbeitgeberin vom 12. Juni 2019 und das Sitzungsprotokoll vom 20. Juni 2019 Bezug genommen. Der Schriftsatz des Betriebsrates vom 19. Juni 2019 wurde bei der Entscheidungsfindung nicht mehr berücksichtigt.

II.

1.
34
Vor dem Hintergrund einer grundlegenden Entscheidung des BAG aus dem Jahr 1994 (Beschluss vom 3. Mai 1994 – 1 ABR 24/93) ist es inzwischen gefestigte Rechtsprechung, dass dem Betriebsrat bei Verletzung seiner Mitbestimmungsrechte aus § 87 BetrVG auch ohne grobe Pflichtverletzung des Arbeitgebers i.S.d. § 23 Abs. 3 BetrVG ein Anspruch auf Unterlassung der mitbestimmungspflichtigen Maßnahme zusteht (vgl. etwa BAG, Beschluss vom 23. Oktober 2018 – 1 ABR 10/17). Hierbei geht es um eine hinreichende Sicherung des erzwingbaren Mitbestimmungsrechts bis zum ordnungsgemäßen Abschluss des Mitbestimmungsverfahrens bzw. zur Verhinderung von Verstößen gegen eine mitbestimmte Regelung. Aus dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit lässt sich die Nebenpflicht entnehmen, grundsätzlich alles zu unterlassen, was der Beachtung der konkreten Mitbestimmung entgegensteht. § 87 BetrVG regelt die erzwingbare Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten. Maßnahmen des Arbeitgebers in diesem Bereich sind nach dem Willen des Gesetzgebers nur im Einvernehmen mit dem Betriebsrat möglich. Sofern dagegen verstoßen wird, entsteht eine betriebsverfassungswidrige Lage.

2.
35
Bei erstmaliger Installation eines Betriebsrats entspricht es dem gesetzlich geregelten Mitbestimmungsablauf, dass Arbeitgeber und Betriebsrat zunächst über eine mitbestimmte Regelung nach §§ 87 Abs. 1, 74 Abs. 1 Satz 2, 76 BetrVG in Verhandlungen eintreten und im Falle des Scheiterns der Verhandlung die Einigungsstelle anrufen. Bis dahin ist eine mitbestimmte Regelung nicht möglich. Das Gesetz verlangt vom Arbeitgeber in dieser Lage nicht, bis zur Herbeiführung einer einvernehmlichen Regelung mit dem Betriebsrat oder dem Spruch einer Einigungsstelle die ursprüngliche Handlung einzustellen, nur weil die Regelung der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt. Der Betriebsrat hat diesen mitbestimmungsfreien Zeitraum hinzunehmen (LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 27. August 2009 – 4 TaBV 12/09). In Ermangelung einer Verletzung seines Mitbestimmungsrechts besteht somit auch kein Unterlassungsanspruch (vgl. LAG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 17. Juni 2008 – 8 TaBVGa 10/08).

3.
36
Hier haben die Betriebsparteien aber am 20. September 2018 eine Regelungsabrede getroffen, nach der die Taschenkontrollen ausschließlich noch in der 2. Etage neben dem Personalaufenthaltsraum durchgeführt werden. Diese Absprache hatte die Arbeitgeberin selbst ohne jede Einschränkung per E-Mail verbreitet. Insofern ist der Hinweis des Head Coach im Rahmen dieses Verfahrens, dass er diese Absolutheit nicht mehr erinnere, unbeachtlich.
37
Eine Regelungsabrede kann in entsprechender Anwendung des § 77 Abs. 5 BetrVG ordentlich gekündigt werden. Beschränkt sich der Inhalt der Regelungsabrede über die Ausübung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nicht auf einen Einzelfall, sondern soll die Regelung die Betriebsparteien für längere Zeit binden, muss sich jede Partei wie bei jedem anderen Dauerschuldverhältnis bürgerlichen Rechts durch Kündigung von dem schuldrechtlichen Vertrag lösen können. Eine Kündigungsmöglichkeit besteht bei Regelungsabreden unabhängig davon, ob sie einen Gegenstand der zwingenden Mitbestimmung oder nur freiwillig zu regelnde Angelegenheiten betreffen (BAG, Beschluss vom 26. September 2018 – 7 ABR 18/16). Dabei gilt analog § 77 Abs. 5 BetrVG auch eine Kündigungsfrist von drei Monaten, sofern keine andere Frist vereinbart ist (BAG, Beschluss vom 10. März 1992 – 1 ABR 31/91).
38
Die vom Betriebsrat behaupteten Äußerungen der Betriebsratsmitglieder haben keine Kündigung der Regelungsabrede zur Folge. Die Willensbildung auf Seiten des Betriebsrats findet grundsätzlich in diesem als Gremium statt (vgl. BAG, Beschluss vom 22. März 2016- 1 ABR 14/14). Im Rahmen der gefassten Beschlüsse, die nach ordnungsgemäßer Ladung (§ 29 Abs. 2 Satz 2 BetrVG) in einer nicht öffentlichen Sitzung des Betriebsrats (§ 30 Satz 3 BetrVG) zu treffen sind, wird der Betriebsrat durch den Vorsitzenden vertreten (§ 26 Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Der Betriebsrat behauptet selbst nicht, dass am 12. Februar 2019 eine Sitzung des Gremiums stattgefunden habe. Die Beschlussfassung vom 19. Februar 2019 beinhaltete auch nur eine anwaltliche Beauftragung zur Verfahrensdurchführung, nicht aber eine Kündigung der Regelungsabrede zu den Taschenkontrollen. Deshalb ist die Regelung weiter verbindlich.
39
Dem entsprechend war der vom Betriebsrat gestellte Hauptantrag zurückzuweisen.

4.
40
Bei einem der Abwehr künftiger Beeinträchtigungen dienenden Unterlassungsanspruch wird in der Regel ein Verbot einer als rechtswidrig angegriffenen Verhaltensweise begehrt. Diese legt der Antragsteller in seinem Antrag sowie der zu dessen Auslegung heranzuziehenden Begründung fest. Die so umschriebene Verletzungsform bestimmt und begrenzt den Inhalt des Unterlassungsbegehrens (BAG, Beschluss vom 12. März 2019 – 1 ABR 42/17).
41
Dem entsprechend war dem vom Betriebsrat gestellten Hilfsantrag zu entsprechen. Auch unter Berücksichtigung von § 533 ZPO wurde mit dem Hilfsantrag kein neuer Verfahrensgegenstand in das Verfahren eingeführt. Vielmehr war es ein bereits in dem Hauptantrag enthaltenes „Minus“ und damit zulässig.
42
Er ist auch begründet. Die Verstöße gegen die Regelungsabrede mittels Durchführung von Taschenkontrollen an anderer Stelle als dem 2. Obergeschoss sind unstreitig. Ob die Arbeitgeberin dabei in guter Absicht gehandelt hat, ist für die Verletzungshandlung unerheblich. Wenn die Arbeitgeberin abweichende Regelungen für sinnvoll erachten sollte, kann sie diese nicht einseitig durchsetzen. Sie muss diese vielmehr mit dem Betriebsrat vereinbaren. Ohne Vereinbarung mit dem Betriebsrat sind sie unzulässig und zu untersagen.

5.
43
Um die Arbeitgeberin zur Unterlassung der gegen die Regelungsabrede verstoßenden Taschenkontrollen anzuhalten, war ihr ein Ordnungsgeld anzudrohen (§ 890 ZPO). Der Höhe nach ist ein Ordnungsgeld von bis zu 10.000,00 EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung als ausreichend zu bewerten.

III.
44
Die Entscheidung ergeht nach § 2 Abs. 2 GKG in Verbindung mit § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG gerichtskostenfrei.

IV.
45
Gegen die Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 92 Abs. 1 Satz 3 ArbGG).

Weitere Informationen: http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brande…