BGH, Beschluss vom 18.06.2020, AZ VI ZR 213/19
a)Der für die Auswertung eines Befundes verantwortliche Arzt hat all die Auffälligkeiten zur Kenntnis und zum Anlass für die gebotenen Maßnahmen zu nehmen, die er aus berufsfachlicher Sicht seines Fachbereichs unter Berücksichtigung der in seinem Fachbereich vorausgesetzten Kenntnisse und Fähigkeiten sowie der Behandlungssituation feststellen muss (Senatsurteil vom 21. Dezember 2010 -VI ZR 284/09, BGHZ 188, 29 Rn. 11 f.). Diese Pflicht besteht erst recht dann, wenn, wie bei einem Mammographie-Screening, Zweck der Untersuchung die Früherkennung einer Krebserkrankung ist und es sich um eine im Rahmen der Anamnese nachgefragte und angegebene Auffälligkeit (hier: Mamillenretraktion) handelt, die auf eben eine solche Krebserkrankung hindeuten kann.
b)Zum Grundsatz der horizontalen Arbeitsteilung.
c)Zur Abgrenzung eines Befunderhebungsfehlers von einem Fehler der therapeutischen Aufklärung ist danach zu differenzieren, ob der Schwerpunkt der Vorwerf-barkeit ärztlichen Fehlverhaltens in der unterbliebenen Befunderhebung als solcher oder in dem Unterlassen von Warnhinweisen zum Zwecke der Sicherstellung des Behandlungserfolgs liegt. Wird etwa der Patient zutreffend über das Vorliegeneines kontrollbedürftigen Befundes und die medizinisch gebotenen Maßnahmen einer weiteren Kontrolle informiert und unterbleibt (lediglich) der Hinweis auf die Dringlichkeit der gebotenen Maßnahmen, so liegt der Schwerpunkt der Vorwerf-barkeit regelmäßig in dem Unterlassen von Warnhinweisen (Senatsurteil vom 11.April 2017 -VI ZR 576/15, NJW 2018, 621 Rn. 15). Fehlt es dagegen schon an dem Hinweis, dass ein kontrollbedürftiger Befund vorliegt und dass Maßnahmen zur weiteren Abklärung medizinisch geboten sind, liegt der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit regelmäßig in der unterbliebenen Befunderhebung.
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