Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 01.03.2021, AZ 4 TaBVGa 6/20

Ausgabe: 2-2021

1. Eine Unterlassungsverfügung zur Sicherung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats aus §§ 111, 112 BetrVG auf Unterrichtung, Beratung und Verhandlung über eine geplante Betriebsänderung kommt gemäß § 85 Abs. 2 ArbGG iVm. §§ 935, 940, 938 Abs. 1, 2 ZPO schon aus europarechtlichen Gründen grundsätzlich in Betracht.

2. In einem Gemeinschaftsbetrieb richtet sich der Anspruch aus §§ 111, 112 BetrVG gegen sämtliche Betriebsarbeitgeberinnen. Diese sind im Verfügungsverfahren zu beteiligen. Dagegen richtet sich die als Sicherungsmaßnahme begehrte Untersagung von Entlassungen gegen den jeweils betroffenen Vertragsarbeitgeber, der allein die Entlassung bewirken kann.

3. Einem Betriebsrat, der erst zu einem Zeitpunkt gewählt wird, zu dem die Planung über die Betriebsänderung bereits abgeschlossen und mit der Durch-führung des Planes begonnen worden ist, stehen die Ansprüche aus §§ 111 ff. BetrVG nicht zu. Es bleibt offen, ob beim Übergang von kirchlicher Einrichtung zu weltlichem Träger die vormalige kirchliche Mitarbeitervertretung bis zur Wahl eines Betriebsrats ein Übergangsmandat hat.

4. Ist das Bestehen des Beteiligungsrechts ungewiss und führt schon seine bloße Sicherung zu Rechtsbeeinträchtigungen des Anspruchsgegners, erfordert der Erlass einer Sicherungsverfügung über die bloße Gefahr des Untergangs des Beteiligungsrechts hinaus einen besonderen Verfügungsgrund. Dieser muss von solchem Gewicht sein, dass er die erst im Hauptsacheverfahren endgültig zu klärende Ungewissheit über den Verfügungsanspruch kompensieren kann.

5. Das Gewicht des Verfügungsgrundes bemisst sich insbesondere nach dem mit dem Beteiligungsrecht bezweckten Schutz der Arbeitnehmer. Es wird hier dadurch gemindert, dass das Beteiligungsrecht nach §§ 111, 112 BetrVG auf den bloßen Versuch eines Interessenausgleichs gerichtet ist. Hinzu tritt, dass der Betriebsrat gemäß § 100 ArbGG die Möglichkeit hat, Beratungen und Verhandlungen über einen Interessenausgleich initiativ vor die Einigungsstelle zu bringen. Zu berücksichtigen ist ferner im Rahmen einer Folgenabwägung, dass ein Ersatzanspruch des Arbeitgebers aus § 945 ZPO für das Beschlussverfahren gemäß § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG ausgeschlossen ist. 6. Zur Zulässigkeit einer objektiven und subjektiven Antragserweiterung im Beschwerderechtszug.

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