Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 27.06.2023, AZ 10 Sa 762/22

Ausgabe: 10-2023

1.
Der Kündigungsberechtigte kann sowohl bei einer außerordentlichen als auch bei einer ordentlichen Kündigung auf ein auf bestimmte Gründe gestütztes und konkret bestehendes Kündigungsrecht verzichten. Der Verzicht kann ausdrücklich oder konkludent durch eine empfangsbedürftige Willenserklärung des Kündigungsberechtigten erfolgen.
2.
Das Kündigungsrecht erlischt, wenn der Kündigungsberechtigte wegen des ihm bekannten Kündigungssachverhaltes eine Abmahnung ausspricht und sich die für die Kündigung maßgebenden Umstände nicht später geändert haben.
3.
Bei einem Verzicht auf die Kündigung ändert sich die Rechtslage hinsichtlich eines vorhandenen Kündigungsgrundes nicht. Der Verzichtende legt sich aber gegenüber dem Vertragspartner fest, aus einer ihm günstigen Tatsachenlage keine Konsequenzen zu ziehen. Eine Kündigung trotz Verzichts ist ein Fall unzulässiger Rechtsausübung iSv. § 242 BGB in der Form des Verbotes widersprüchlichen Verhaltens.
4.
Zur Rechtfertigung einer späteren Kündigung kann der Arbeitgeber auf solche Gründe nur dann unterstützend zurückgreifen, wenn weitere kündigungsrechtlich erhebliche Umstände eintreten oder nachträglich bekannt werden.

Weitere Informationen: https://voris.wolterskluwer-online.de/browse/do…