Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28.03.2024, AZ 10 AZR 117/23
Ausgabe: 03/2024
Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit, die gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien (hier: die Gemeinnützige Urlaubskasse sowie die Zusatzversorgungskasse des Maler- und Lackiererhandwerks) im Rahmen ihrer satzungsgemäßen Aufgaben vornehmen, können keine Auskunftsansprüche nicht mitgliedschaftlich verbundener Dritter in Bezug auf die insoweit entstandenen Kosten begründen.
Die Kläger begehren von den Beklagten Auskünfte über die Kosten für einen Messeauftritt, einen Imagefilm sowie das sog. Malerkassenlied. Der Kläger zu 1. ist ein Arbeitgeberverband für Betriebe des Maler- und Lackiererhandwerks mit Sitz in Sachsen. Er hat 110 Mitgliedsbetriebe, bislang aber keinen Tarifvertrag abgeschlossen. Sein erklärtes tarifpolitisches Ziel ist die Abschaffung, jedenfalls aber eine grundlegende Reform der Beklagten. Die Klägerin zu 2. ist ein Betrieb des Maler- und Lackiererhandwerks. Sie ist Mitglied des Klägers zu 1. Eine Mitgliedschaft im Bundesverband Farbe Gestaltung Bautenschutz – Bundesinnungsverband des deutschen Maler- und Lackiererhandwerks besteht nicht. Die zwischen diesem und der IG BAU abgeschlossenen Sozialkassentarifverträge für das Maler- und Lackiererhandwerk zum Urlaubskassenverfahren sowie zur betrieblichen Altersversorgung gelten für ihren Betrieb allerdings kraft Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) bzw. aufgrund des Gesetzes zur Sicherung der tarifvertraglichen Sozialkassenverfahren (Soka-SiG2). Der Kläger zu 3. ist gewerblicher Arbeitnehmer im Maler- und Lackiererhandwerk. Er ist nicht Mitglied der IG BAU. Der Beklagte zu 1. ist die Urlaubskasse für das Maler- und Lackiererhandwerk und als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien zuständig für die Sicherung der Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer. Der Beklagte zu 2. ist die Zusatzversorgungskasse des Maler- und Lackiererhandwerks und als gemeinsame Einrichtung zuständig für die tarifvertraglich geregelte betriebliche Altersversorgung. Die zur Erfüllung ihrer jeweiligen Aufgaben notwendigen Mittel werden durch Beiträge der hierzu tarifvertraglich verpflichteten Arbeitgeber aufgebracht. Diese Mittel dürfen nur für satzungsgemäße Zwecke verwendet werden.
In der Vergangenheit nahmen die Beklagten regelmäßig an der Branchenmesse „Farbe Ausbau & Fassade“ teil, zuletzt im März 2019. Auf ihrem Messestand waren ua. Plakate mit Aufschriften wie zB „Fairer Wettbewerb – kalkulierbare Regeln für alle“ sowie „Sicherung des Urlaubs“ zu sehen. Auf dem Youtube-Kanal der Malerkasse ist ein Imagefilm abrufbar, in dem sich Arbeitnehmer des Maler- und Lackiererhandwerks positiv über ihren Beruf sowie die zusätzliche Altersversorgung und Absicherung über die Malerkasse äußern. Des Weiteren ist auf der Youtube-Plattform ein Lied über die Malerkasse abrufbar, das anlässlich einer Messe im Jahr 2016 aufgenommen wurde. Die Kläger haben die Ansicht vertreten, die Beklagten seien zur Erteilung von Auskünften über die Höhe der Kosten dieser „Werbemaßnahmen“ verpflichtet. Es handle sich um eine satzungswidrige Verwendung von Beitragsmitteln. Sie hätten Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche, die eine Auskunft über den Umfang der rechtswidrigen Finanzierungstätigkeiten voraussetzten, und berufen sich insbesondere auf die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 9 Abs. 3 GG. Die für einen Auskunftsanspruch erforderliche Sonderverbindung ergäbe sich hinsichtlich der Kläger zu 2. und 3. auch aus der Erstreckung der Sozialkassentarifverträge durch die AVE bzw. das SoKaSiG2.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Klagebegehren weiter.
Die Revision der Kläger hatte vor dem Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die geltend gemachten Auskunftsansprüche stehen ihnen nicht zu. Die von den Klägern kritisierten Handlungen der Beklagten verletzen sie schon nicht in ihrem durch Art. 9 Abs. 3 GG garantierten Recht auf Koalitionsfreiheit, selbst wenn die Maßnahmen den die Beklagten tragenden Tarifvertragsparteien zuzurechnen wären. Insbesondere werden die Rechte des Klägers zu 1. als (potentielle) Tarifvertragspartei im Maler- und Lackierergewerbe nicht beeinträchtigt. Auch unter allen anderen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten sind Auskunftsansprüche nicht gegeben. Für das sog. Malerkassenlied gilt dies schon deshalb, weil es von den Beklagten weder beauftragt noch initiiert wurde. Im Übrigen liegt eine sach- und satzungsgemäße Öffentlichkeitsarbeit vor, die zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung der gemeinsamen Einrichtungen zählt. Soweit die Auskünfte zur Vorbereitung von Schadensersatzansprüchen begehrt werden, fehlt es darüber hinaus an einem denkbaren Schaden der Kläger.
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