(Brühl) Nach einem soeben veröffentlichten Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12.11.2008 können auch Renditen aus Gutschriften von „Schneeballsystemen“ zu steuerlichen Einnahmen aus Kapitalvermögen führen, wenn der Initiator dieses Systems bei einem entsprechendem Verlangen des Anlegers zur Auszahlung der gutgeschriebenen „Renditen“ fähig gewesen wäre. (AZ.: VIII R 36/04)

Damit, so der Kölner Steuerfachanwalt Prof. Dr. Thomas Zacher, Vizepräsident der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Brühl, hat der BFH seine bisher schon zu dieser Thematik bestehende Rechtsprechung bestätigt. Dabei kommt es nach den Ausführungen des Gerichts nicht einmal darauf an, ob der Initiator eines Schneeballsystems bei einem etwaigen Auszahlungsverlangen eines Anlegers auch im Stande gewesen wäre, seine sämtlichen Verbindlichkeiten auch auf einmal auszuzahlen. Ein „Missverhältnis“ zwischen den tatsächlich zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln und den tatsächlich bestehenden Forderungen an den Initiator ändere daran nichts. In dem ausgeurteilten Fall, so Zacher, der auch Fachanwalt fuer Bank- und Kapitalmarktrecht ist, hatte ein Anleger in den Jahren 1991 – 1998 einem Kapitalanlagevermittler rd. 110.000 DM zur Spekulation mit Börsentermingeschäften zur Verfügung gestellt. Aus der jeweils erfolgten Wiederanlage erzielte der Anleger daraufhin in diesem Zeitraum in Form von Gutschriften Renditen von rd. 1,4 Mio. DM, von denen er sich 656.500 DM auszahlen liess, während er einen Betrag von rd. 748.000 DM „stehenliess“ und dieser nicht zur Auszahlung gelangte. Gleichwohl bejahte der BFH hier die volle Steuerpflicht über den Gesamtbetrag von  rd. 1,4 Mio. DM, da sowohl die ausgezahlten als auch die „stehen gelassenen“ Beträge dem Anleger aus steuerlicher Sicht als Kapitaleinnahmen im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen zugeflossen sind. Hierbei habe das Gericht ausdrücklich betont, dass Einnahmen dann als „zugeflossen“ gelten, wenn der Steuerpflichtige wirtschaftlich über sie verfügen kann. Dies sei neben der tatsächlichen Auszahlung oder einer Gutschrift auf einem Bankkonto aber auch dann der Fall, wenn der Betrag in den Büchern des Verpflichteten als Gutschrift erscheine und darin nicht nur das buchmässige Festhalten einer Schuldverpflichtung zu sehen sei, sondern darüber hinaus zum Ausdruck gebracht werde, dass der Betrag dem Kapitalanleger von nun an zur Verwendung zu seiner Verfügung steht. Allerdings, so Zacher, gelte hier die Einschränkung, dass nicht bereits vorher ein „Zusammenbruch“ vorlag und ein Antrag auf Eröffnung des Konkurs- oder Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners gestellt wurde. Des Weiteren habe der BFH in diesem Zusammenhang festgestellt, dass eine Vereinbarung, nach der ein Kapitalanleger einem Unternehmer unter Gewährung einer Erfolgsbeteiligung von 30% Geldbeträge zur Verfügung stellt, die der Unternehmer an Brokerfirmen fuer Börsentermingeschäfte oder an Fonds weiterleiten soll, eine typische „stille Gesellschaft“ im Sinne des Einkommensteuergesetzes begründen könne. Bei der Auslegung der Verträge komme es darauf an, was die Parteien „wirtschaftlich“ gewollt hätten und ob der „unter Heranziehung aller Umstände zu ermittelnde Vertragswille“ auf die Merkmale einer stillen Gesellschaft gerichtet war. Dies gelte auch dann, wenn die Vertragsparteien selbst nicht von einem Gesellschafts-, sondern einem  Auftragsverhältnis ausgegangen wären. Zacher warnte in diesem Zusammenhang davor, allzu leichtsinnig Kapitalanlagegeschäfte abzuschliessen und riet Anlegern, entsprechende Verträge vorab durch einen entsprechend spezialisierten Anwalt prüfen zu lassen. Auch bei der steuerlichen Beurteilung von notleidenden Kapitalanlagen sei professionelle Unterstützung wichtig, da die erlittenen Verluste nur im Einzelfall steuerlich geltend machen werden könnten.


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