(Kiel) Beschlussmängelstreitigkeiten im Recht der GmbH sind grundsätzlich kraft privatautonomer Gestaltung der Gesellschafter schiedsfähig, sofern und soweit das vereinbarte schiedsrichterliche Verfahren aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Mindeststandards einhält.
Darauf verweist der Nürnberger Steuerfachanwalt Dr. Norbert Gieseler, Vizepräsident der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 06.04.2009 – AZ.: II ZR 255/08 – „Schiedsfähigkeit II“ –
In dem Fall war der Kläger Gesellschafter der beklagten GmbH. Zwischen ihm und seinen Mitgesellschaftern bestehen seit Jahren tief greifende Differenzen. Die Gesellschafterversammlung der Beklagten beschloss am 9. Oktober 2006 mit den Stimmen der anderen Gesellschafter u.a., den Geschäftsanteil des Klägers aus wichtigem Grund einzuziehen und auf die Mitgesellschafter zu übertragen. Gegen die vom Kläger erhobene Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklage hat die Beklagte – gestützt auf eine Schiedsklausel des aus dem Jahr 1989 stammenden Gesellschaftsvertrages – die Einrede der Schiedsvereinbarung erhoben. Das Landgericht hatte daraufhin die Klage als unzulässig abgewiesen. Demgegenüber hat das Oberlandesgericht auf die Berufung des Klägers die Schiedsklausel als nichtig erachtet und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
Der II. Zivilsenat des BGH hat auf die – von ihm wegen Grundsatzbedeutung zugelassene – Revision nun entschieden, so Gieseler, dass Beschlussmängelstreitigkeiten im Recht der GmbH grundsätzlich kraft privatautonomer Gestaltung der Gesellschafter schiedsfähig sind, sofern und soweit das vereinbarte schiedsrichterliche Verfahren aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Mindeststandards einhält.
Mit dieser Entscheidung habe der Senat seine frühere restriktive Auffassung, nach der die Voraussetzungen für eine Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten nicht im Wege richterlicher Rechtsfortbildung zu entwickeln, sondern einer Regelung durch den Gesetzgeber vorbehalten seien (vgl. BGHZ 132, 278 – „Schiedsfähigkeit I“), aufgegeben. Da der Gesetzgeber im Rahmen des zwischenzeitlich verabschiedeten und in Kraft getretenen Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetzes von einer diesbezüglichen gesetzlichen Regelung bewusst Abstand genommen und die Problematik „angesichts ihrer Vielschichtigkeit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht weiterhin der Lösung durch die Rechtsprechung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls überlassen“ hat, habe der II. Zivilsenat die ihm solchermaßen überantwortete Aufgabe aus Anlass des vorliegenden Revisionsfalls aufgegriffen.
Der Senat halte nunmehr seine früheren Bedenken gegen die grundsätzliche Möglichkeit einer analogen Herbeiführung der Wirkungen aus §§ 248 Abs. 1 Satz 1, 249 Abs. 1 Satz 1 AktG durch Schiedssprüche auf der Grundlage gesellschaftsvertraglicher Schiedsklauseln nicht mehr aufrecht, mache aber die Zulässigkeit solcher Schiedsvereinbarungen im GmbH-Recht von der Sicherstellung eines effektiven, der Rechtsschutzgewährung durch staatliche Gerichte gleichwertigen Rechtsschutzes für alle dem Schiedsspruch unterworfenen Gesellschafter abhängig.
Danach setze die Wirksamkeit einer privatautonom gestalteten Schiedsklausel zu Beschlussmängelstreitigkeiten bei der GmbH die Erfüllung folgender Mindestanforderungen voraus:
• Die Schiedsabrede muss grundsätzlich mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter in der Satzung verankert sein; alternativ reicht eine außerhalb der Satzung unter Mitwirkung sämtlicher Gesellschafter und der Gesellschaft getroffene Absprache aus.
• Jeder Gesellschafter muss – neben den Gesellschaftsorganen – über die Einleitung und den Verlauf des Schiedsverfahrens informiert und dadurch in die Lage versetzt werden, dem Verfahren zumindest als Nebenintervenient beizutreten.
• Alle Gesellschafter müssen an der Auswahl und Bestellung der Schiedsrichter mitwirken können, sofern nicht die Auswahl durch eine neutrale Stelle erfolgt.
• Schließlich muss gewährleistet sein, dass alle denselben Streitgegenstand betreffenden Beschlussmängelstreitigkeiten bei einem Schiedsgericht konzentriert werden.
Da allerdings hier die im Gesellschaftsvertrag der Beklagten enthaltene Schiedsklausel aus dem Jahr 1989 nach den zutreffenden Feststellungen des Oberlandesgerichts solchen aus dem Rechtsstaatsprinzip fließenden Mindestanforderungen nicht genügte, habe der II. Zivilsenat die Revision der Beklagten zurückgewiesen.
Gieseler mahnte, das Urteil zu beachten und verwies bei Fragen u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de
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