(Kiel) Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 09.03.2009 hat die Constanze Verlag GmbH & Co. KG als Minderheitskommanditistin kein aus einem Wettbewerbsverbot gemäß § 112 Abs. 1 HGB ableitbares Mitwirkungsrecht an der Entscheidung der zuständigen Organe der Bertelsmann AG und der Gruner + Jahr AG & Co. KG über sog. Vorstandsdoppelmandate in der Weise, dass die Bestellung eines Vorstandsmitglieds der der Gruner + Jahr AG (Komplementärin) zum (gleichzeitigen) Mitglied des Vorstands der Bertelsmann AG (Mehrheitskommanditistin) ihrer vorherigen Zustimmung („Vetorecht“) bedürfte. (BGH AZ.: II ZR 170/07)
Darauf verweist der Nürnberger Steuerfachanwalt Dr. Norbert Gieseler, Vizepräsident der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf das Urteil.
Parteien des Rechtsstreits waren die drei Gesellschafterinnen der Gruner + Jahr AG & Co. KG. Die Klägerin (Constanze Verlag GmbH & Co.KG) und die Beklagte zu 1 (Bertelsmann AG) sind ihre alleinigen Kommanditistinnen; beide sind zugleich Aktionäre der Komplementärin, der Gruner + Jahr AG (Beklagte zu 2). Die Bertelsmann AG beherrscht aufgrund ihrer höheren Kapitalbeteiligung faktisch sowohl die Gruner + Jahr AG als auch die KG. Die Bertelsmann AG hatte den Vorstandsvorsitzenden der Gruner + Jahr AG in den Jahren 2000 und 2004 zugleich in ihren eigenen Vorstand berufen. Mit der Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass ein Vorstandsmitglied der Gruner + Jahr AG nur mit ihrer Zustimmung ein Vorstandsmandat in der Bertelsmann AG ausüben dürfe.
Sog. Vorstandsdoppelmandate in Aktiengesellschaften müssen gem. § 88 Abs. 1 AktG nur von den Aufsichtsräten der betroffenen Aktiengesellschaften genehmigt werden. Die Klägerin meint, dass in der – hier vorliegenden – besonderen Gesellschaftsform einer AG & Co. KG wegen des für deren Gesellschafter geltenden Wettbewerbsverbots gemäß § 112 HGB auch ihr Einverständnis als Minderheitskommanditistin notwendig sei. Den Vorstandsmitgliedern der Gruner + Jahr AG sei der Wettbewerb zur KG verboten; ein Doppelmandat bei der Konzernspitze verletze dieses Verbot. Da – wie die Klägerin behauptet – die KG und die Bertelsmann AG in direktem Wettbewerb stünden, bestehe die Gefahr, dass die Konzernspitze über den Doppelmandatsträger Geschäftschancen zum Nachteil der KG an sich ziehe. Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
Der II. Zivilsenat des BGH hat in der Revisionsinstanz nun die Klageabweisung bestätigt, so Gieseler. Er hat ausgesprochen, dass die Klägerin als Minderheitskommanditistin der G+J KG kein aus einem Wettbewerbsverbot gemäß § 112 Abs. 1 HGB ableitbares Mitwirkungsrecht an der Entscheidung der zuständigen Organe der beiden beklagten Aktiengesellschaften über sog. Vorstandsdoppelmandate in der Weise hat, dass die Bestellung eines Vorstandsmitglieds der Beklagten zu 2 (Komplementärin) zum (gleichzeitigen) Mitglied des Vorstands der Beklagten zu 1 (Mehrheitskommanditistin) ihrer vorherigen Zustimmung („Vetorecht“) bedürfte.
Dem personengesellschaftsrechtlichen Wettbewerbsverbot des § 112 Abs. 1 HGB unterliegen – auch bei der vorliegenden gesellschaftsrechtlichen Sonderform der Aktiengesellschaft & Co. KG – zwar die beiden beklagten Aktiengesellschaften als Gesellschafterinnen, nicht jedoch darüber hinausgehend auch deren Vorstandsmitglieder als ihre gesetzlichen Vertreter.
Auch eine analoge Anwendung des § 112 HGB komme hier nicht in Betracht, weil ein daraus abgeleiteter – präventiv wirkender – Einwilligungsvorbehalt zugunsten der Klägerin in dieser Konstellation mit den geltenden aktienrechtlichen Kompetenznormen (§§ 84, 88 AktG) sowie mit den damit im Zusammenhang stehenden einschlägigen Grundsätzen des (Aktien-)Konzernrechts (§§ 16 ff AktG) nicht in Einklang stehe.
Die Bestellung des Vorstands einer AG falle ebenso wie dessen Befreiung von einem Wettbewerbsverbot in die alleinige Zuständigkeit des Aufsichtsrats. Auch sog. Vorstandsdoppelmandate, wie sie den Kern des vorliegenden Rechtstreits darstellen, seien nach geltendem Aktienrecht – auch im faktischen Konzern – nicht verboten; ihre Zulässigkeit hänge allein von der – hier erteilten – Zustimmung der Aufsichtsräte beider Gesellschaften zu der Doppeltätigkeit ab. Die von der Beklagten zu 1 als „Mutter-AG“ beherrschte AG & Co. KG sei hinsichtlich der alleinigen Bestellungs- und Befreiungskompetenz der Aufsichtsräte der beiden beklagten Aktiengesellschaften für Vorstandsdoppelmandate nicht anders zu beurteilen: Auch die spezielle Gesellschaftsform der AG & Co. KG sei hinsichtlich dieser Kompetenzfrage nicht etwa wie eine „Einheitsgesellschaft“ zu behandeln, vielmehr unterliege sie dem geltenden Trennungsprinzip.
Gieseler mahnte, dieses Urteil zu beachten und ggfs. um Rechtsrat nachzusuchen, wobei er u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de verwies.
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