(Kiel) Das Landgericht Hamburg hat mit Urteil vom 26. April 2010 auf den Antrag der Gruner+Jahr AG & Co KG eine einstweilige Verfügung gegen die Bauer Vertriebs KG (Antragsgegnerin) erlassen.

Mit dieser Verfügung ist es der Antragsgegnerin verboten, 26 Zeitschriftentitel aus der Bauer Media Group mit einem „Top 100“-Siegel auf der Titelseite zu vertreiben und / oder vertreiben zu lassen, so die Hamburger Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht Karin Scheel-Pötzl von der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf das Urteil des Landgerichts (LG) Hamburg vom 26. April 2010, Az.: 315 O 99/10.


Das „Top 100“-Siegel begründet nach der Auffassung des Gerichts die Gefahr einer Irreführung und verstößt damit gegen das Verbot irreführender geschäftlicher Handlungen (§ 5 UWG). Angesprochen würden mit dem Siegel vornehmlich die Endverbraucher. Jedenfalls bei den privaten Endverbrauchern bestehe die Gefahr, das streitgegenständliche „Top 100“-Siegel dahingehend zu verstehen, dass die „Bauer Media Group“ 100 „Top 100“-Titel herausbringe, zu denen die jeweils so gekennzeichneten Zeitschriften gehören. Dieser Eindruck einer konzernzugehörigen „Top 100“ ergebe sich nicht zuletzt daraus, dass im oberen Bogen des Siegels die Aufschrift „Bauer Media Group“ zu sehen ist. Ein erheblicher Teil der Verbraucher werde diese Aufschrift als Zuordnung des Siegels zu der „Bauer Media Group“ verstehen, zumal auch nur Zeitschriften der Antragsgegnerin mit dem Siegel gekennzeichnet sind. Dass es sich dabei um ein „Top 100“-Ranking der Zeitschriften aller Verlage handelt, werde aus dem Siegel dagegen nicht hinreichend deutlich.


Weiter wird der Antragsgegnerin in der einstweiligen Verfügung verboten, die Presse-Grossisten dazu aufzurufen, die „Top 100-Aktion“ zu unterstützen und / oder fortzusetzen. Die Beteiligung der Pressegrossisten an der „Top 100“-Aktion stellt nach Ansicht des Gerichts einen Verstoß gegen die sich aus § 20 Abs. 1 GWB ergebende Neutralitäts¬verpflichtung gegenüber dem Einzelhandel dar. Marktbeherrschenden Unternehmen wie den Pressegrossisten sei es nach § 20 Abs. 1 GWB untersagt, gleichartige Unternehmen bzw. wirtschaftlich gleichliegende Sachverhalte ohne sachliche Rechtfertigung unmittelbar oder mittelbar unterschiedlich zu behandeln. Eine solche Ungleichbehandlung liege hier jedoch vor. Die „Top 100“-Aktion ziele (unter anderem) darauf ab, dass die Pressegrossisten die Einzelhändler dazu veranlassen sollen, sämtliche „Top 100-Titel“ bevorzugt, möglichst mit Vollsicht der Zeitschriftencover, zu präsentieren. Dadurch würden gleichartige Unternehmen, nämlich alle Zeitschriftenverlage, mit Blick auf die Präsentation ihrer jeweiligen Zeitschriften unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob die betroffene Zeitschrift in dem „Top 100“-Ranking aufgeführt ist oder die anderen Zeitschriftenverlage sich an der „Top 100“-Aktion beteiligten. Einen tragfähigen sachlichen Grund für diese Ungleichbehandlung habe die Antrags¬gegnerin nicht glaubhaft gemacht.


Ferner beanstandet das Gericht, so Scheel-Pötzl, dass mit der von der Antragsgegnerin initiierten „Top 100“-Aktion im Wettbewerb stehende Verlage nachgerade gezwungen würden, sich an der Aktion zu beteiligen, anderenfalls ihre „Top 100“-Titel nicht an der bevorzugten Behandlung durch den Einzelhandel teilnehmen könnten. Das Gericht sieht darin einen Eingriff in die „negative unternehmerische Entscheidungsfreiheit“ der betroffenen Mitbewerber. Es handele sich um eine  unbillige Behinderung im Sinne des § 20 Abs. 1 GWB.


Schließlich wird der Antragsgegnerin in der einstweiligen Verfügung verboten, die Presse-Grossisten dazu aufzurufen, die Presseeinzelhändler dazu zu veranlassen, die mit dem Siegel gekennzeichneten Zeitschriften im Zeitschriften-Einzelhandel möglichst in Vollsicht zu zeigen.


Die Antragsgegnerin haftet nach Auffassung des Gerichts für das kartellrechtswidrige Verhalten der Pressegrossisten, denn sie hat diese bewusst und in Kenntnis möglicher rechtlicher Probleme zu dem kartellrechtswidrigen Verhalten aufgerufen und veranlasst.


Scheel-Pötzl empfahl, dies zu beachten und bei ähnlichen Fällen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen und verwies in diesem Zusammenhang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de  –


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