(Kiel) Die Kündigungswelle der Bausparkassen hat Fahrt aufgenommen. Nachdem zunächst LBS und BHW mehr als 120.000 Kunden die Bausparverträge gekündigt haben, sind zwischenzeitlich auch die übrigen Bausparkassen dazu übergegangen, so genannte Altverträge zu kündigen, d.h. Verträge, die bereits seit 10 Jahren oder mehr zuteilungsreif sind.
Die in ihren Kündigungsschreiben angegebene Begründung der Bausparkassen, so der Frankfurter Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Klaus Hünlein von der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, geht jedoch ins Leere. Die Bausparkassen behaupten, der Zweck des Vertrags liege ausschließlich in der Darlehensgewährung. Diese Behauptung ist jedoch bereits im Hinblick auf die spezifischen Vertragsvereinbarungen unzutreffend, denn die Verträge bzw. die Allgemeinen Bausparbedingungen (ABB) sehen gerade vor, dass sie fortgeführt werden, wenn der Sparer auf ein Darlehen verzichtet und die Zuteilung nicht annimmt.
Kernpunkt jedes Bausparvertrags ist der Anspruch auf ein zinsgünstiges Bauspardarlehen, der in der Regel ohne zeitliche Beschränkung erworben wurde. Der Bundesgerichtshof hat hierzu bereits mit Urteil vom 07.12.2010 (XI ZR 3/10) festgestellt, dass der Bausparer eine Option erwirbt, später ein Darlehen ohne Rücksicht auf die Zinsentwicklung am Kapitalmarkt zu einem bei Abschluss festgelegten Zinssatz zu erhalten. Für diese Option zahlt der Bausparer in doppelter Weise: Zunächst mit der Abschlussgebühr von regelmäßig 1 % der Bausparsumme und weiter mit einer Verzinsung seines angesparten Guthabens zu einem Zinssatz, der bei Abschluss deutlich unter den Zinssätzen für Tages- oder Festgelder lag. Die Kündigungen der Bausparkassen sollen diese Optionen vernichten, obwohl sie meist ohne zeitliche Beschränkung vereinbart und durch den Kunden bereits vollständig bezahlt wurden.
Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, auf den sich die Bausparkassen bei ihren Kündigungen stützen, ist eine Kündigung erstmals nach Ablauf von 10 Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens möglich. Ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB steht den Bausparkassen aber nicht zu, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Diese Norm setzt nämlich voraus, dass nach dem vollständigen Empfang des Darlehens 10 Jahre vergangen sind. Ein vollständiger Empfang des Darlehens ist im Falle eines Bausparvertrags aber erst dann gegeben, wenn der Bausparer die volle Bausparsumme angespart hat.
Bei einem Bausparvertrag handelt es sich nämlich um einen gegenseitigen, auf längerfristige Bindung angelegten Darlehensvertrag, dem die Besonderheit innewohnt, dass Bausparkasse und Bausparer ihre jeweilige Rolle als Darlehensgeber bzw. Darlehensnehmer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens tauschen. Die Laufzeit des Darlehens an die Bausparkasse ist somit festgelegt durch den Zeitpunkt, an dem sich die jeweiligen Rollen der Parteien umwandeln.
Entgegen der in den Kündigungsschreiben der Bausparkassen geäußerten Auffassung ist dies jedoch keineswegs der Zeitpunkt der Zuteilung oder gar der Zuteilungsreife des Vertrags, zumal es erst mit der Annahme der Zuteilung durch den Bausparer zu dem beschrieben Rollentausch kommt, d.h. die Bausparkasse erst dann zum Darlehensgeber und der Kunde zum Darlehensnehmer wird. Solange der Bausparer jedoch den Vertrag fortsetzt bzw. fortsetzen will, wie es nach den Bausparbedingungen sein Recht ist, kann daher von einem vollständigen Empfang des Darlehens durch die Bausparkasse nicht die Rede sein. Mit der Fortsetzung des Vertrags ist durch die Möglichkeit weiterer Sparleistungen auch die sukzessive Erhöhung des Darlehens an die Bausparkasse verbunden. Die Bausparkasse kann das ihr gewährte Darlehen erst dann vollständig empfangen haben, wenn der Vertrag voll bespart ist, weil der Sparer ab diesem Zeitpunkt keine Möglichkeit mehr hat, das der Bausparkasse gewährte Darlehen aufzustocken. Eine Vollbesparung liegt aber insoweit nicht vor.
Danach aber dürften die Kündigungen der Bausparkassen sämtlich unwirksam sein, wobei die Bausparkassen jedoch bislang sämtliche Widersprüche ihrer Kunden zurückweisen und es in jedem Einzelfall auf eine gerichtliche Klärung ankommen lassen. Nachdem die Mehrzahl der betroffenen Bausparer letztlich von der Durchsetzung ihres Anspruchs auf Fortführung ihrer Bausparverträge absehen, dürfte im Ergebnis die Rechnung der Bausparkassen aufgehen.
Die Kanzlei von Rechtsanwalt Hünlein führt derzeit bereits eine Vielzahl von Verfahren gegen die jeweiligen Bausparkassen vor unterschiedlichen Landgerichten und ist zuversichtlich, dass die Gerichte jeweils zugunsten der klagenden Bausparer entscheiden werden.
Rechtsanwalt Hünlein empfahl daher, dies zu beachten und in Zweifelsfällen um rechtlichen Rat nachzusuchen, wozu er u. a. auch auf die auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierten Anwälte/-innen in der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. – www.mittelstands-anwaelte.de – verwies.
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Klaus Hünlein
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Fachanwalt für Verwaltungsrecht
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